„Wir halten Homosexualität ebenso für Teufelswerk wie Frauen in Männerberufen. Wir wünschen uns die sexistische Geschlechterordnung der 50er Jahre zurück. Wir möchten, dass alle Kinder und Jugendlichen lernen, dass homo-, bi-, trans- und intersexuelle Menschen krank und minderwertig sind. Wir finden, dass Eltern ihren Kindern Aufklärung und Bildung vorenthalten dürfen. Wir wollen Schwule und Lesben wieder zur Unsichtbarkeit verdammen. Das Leid der betroffenen Kinder und Jugendlichen geht uns am Arsch vorbei.“
Das sagen die Menschen, die derzeit gegen die Bildungs-Reformen in verschiedenen Bundesländern mobilisieren. Nein, Unsinn, das sagen sie natürlich nicht. Das denken sie nur.
Denn sie wissen, wie ekelhaft es klänge, wenn sie ihre Gedanken offen aussprächen. Sie wissen, dass ihre Anschauungen so empörend sind, dass sie damit heute nicht mehr reibungslos durchkämen. Deshalb vernebeln sie ihre wahren Gedanken vor der Öffentlichkeit, vor den Medien, vor sich selbst.
Seit einigen Monaten fügt sich eine unselige Allianz zusammen. Protestant_innen, Evangelikale, Katholik_innen, rechtsreaktionäre Kleinparteien wie die Freien Wähler, Pro-Sonstwas, das muslimisch dominierte BIG und die Angst-für-Dödel-AfD, Paranoia-zentrierte Medien wie Politically Incorrect und Compact, ein paar obskure Vereine sowie erschreckenderweise auch Teile der CDU und der FDP – sie alle rufen gemeinsam zu öffentlichen Aufmärschen gegen Aufklärung und freie Persönlichkeitsentfaltung auf. Aber sie wollen nicht, dass das auch so aussieht. Ihre Menschenverachtung soll möglichst knapp unterhalb der Wahrnehmungsschwelle bleiben – und natürlich unterhalb der juristischen Grenze zur Volksverhetzung. Praktischerweise können sie dabei auf ein erprobtes Bündel von Tarnfloskeln zurückgreifen, die sich in einem jahrelangen Wechselspiel von allzu offener Minderheitenhetze und berechtigtem Dafür-auf-die-Klappe-Kriegen herausgemendelt haben. Und so geraten die Äußerungen der Verachtung, die in ihren Seelen gärt, regelmäßig zu einer funkelnden Worthülsenschlacht.
Da wird z.B. die offene Diskriminierung von Schwulen und Lesben regelmäßig als „Schutz der Familie“ verbrämt. Man will ja homosexuelle Partnerschaften gar nicht abwerten, sondern nur heterosexuelle als die einzig wertvollen darstellen. Blanker Sexismus wird zu „natürlichen Geschlechterrollen“ geadelt und heteronormativer Bullshit zu „ewig gültigen ethischen Werten“. Die irrationale Angst, irgendwo mit der Lebensrealität von LGBT*IQ konfrontiert zu werden, wird projiziert auf die Kinder, die mit dieser Realität doch sicher „überfordert“ seien und sich auch „gar nicht dafür interessieren“. Selbstverständlich möchte man nicht, dass die eigene Homo- und Transfeindlichkeit auch als solche benannt wird, sondern man verharmlost offene Hetze zur „freien Meinungsäußerung“, die demnach nicht kritisiert, oder besser: nicht „zensiert“ werden dürfe. Natürlich hat auch niemand die Absicht, Homosexualität zu dämonisieren. Nein, man fordert nur ganz harmlos die „ethische Reflexion der negativen Begleiterscheinungen eines LSBTTIQ-Lebensstils“.1
Das funktioniert natürlich auch im offenen Angriff, denn der liegt diesen Menschen viel mehr als der Verteidigungsmodus. Ab hier wird die Diskussion vollends zu einem perfekt orchestrierten Festival des Neusprech.
Der Versuch, in den Schulen endlich die heteronormative Grundhaltung zu überwinden und über die vielfältigen Beschaffenheiten der Menschen zu sprechen, wird zum Versuch umgedeutet, Kindern die „Botschaften und Forderungen einer Interessengruppe“ zwangseinzuflößen. Wo in Wirklichkeit eine Ideologisierung beendet werden soll, nämlich die heterosexistische, wird eine „Gehirnwäsche“ an die Wand gemalt. Das Anliegen, endlich zu einer wertneutralen Darstellung verschiedener geschlechtlicher Identitäten zu gelangen, wird als „Ideologisierung“ dämonisiert. Frei nach Orwell heißt das Motto hier: „AUFKLÄRUNG IST INDOKTRINATION“.
Vergessen wir nicht, dass es in dieser Diskussion keineswegs nur um Homo-, Bi-, Trans* und Intersexualität geht. Im Schlepptau der Homophobie kommt immer der gute alte Sexismus daher. Keine Diskussion über Bildungspläne, in der nicht das längst überfällige Infragestellen von sexistischen Rollenbildern als „Gender-Wahn“ diskreditiert wird. Munter werden dabei Gender Studies, Gender Mainstreaming und Queer Theory zu einem paranoiden Gebräu zusammengerührt. Gerade in diesem Zusammenhang ist es erschreckend, an welch absurde Feindbilder Menschen zu glauben bereit sind: Demnach bastelt eine Weltverschwörung irrer Perverser unter dem Vorwand der Gleichberechtigung von Mann und Frau daran, sämtliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen per Gesetzesgewalt und Gehirnwäsche einzuebnen und einen neuen, geschlechtslosen Homunkulus zu erschaffen. Nein, ich denke mir das nicht aus. Das glauben und verbreiten diese Leute wirklich. Und da die Apokalypse schon damit beginnt, dass Paul in der Schule häkeln lernt, während man Leonie zu einem unfraulichen Informatikstudium ermuntert, rufen sie: „Wehret den Anfängen!“ Die Parole heißt: „GLEICHBERECHTIGUNG IST GLEICHMACHEREI“.
Bei der Einschulung meiner Nichte wurde von den älteren Kindern ein Stück aufgeführt, das das Kennenlernen, den Nestbau und die Familiengründung eines heterosexuellen Vogelpaares erzählte. Am Ende wurde klargestellt, dass das Vogelküken natürlich später die heterosexuelle Tradition fortzuführen habe. Mit Ideologie hatte das angeblich nichts zu tun. Und erst recht an Sexualpraktiken hat dabei, trotz Betonung der Fortpflanzung, offenbar niemand gedacht. Sobald aber in einem Bilderbuch zwei Männer einander die Hand reichen, haben die beiden in der obsessiven Phantasie „besorgter Eltern“ gleich Poposex, Peitschen und Dildos im Gepäck. Kinder würden einfach nur zwei Männer wahrnehmen, die einander lieb haben, doch zu dieser unhysterischen Betrachtung sind diese Eltern weder fähig noch willens. Über der gesamten Diskussion liegt eine irritierende Obsession für Sexualität. Das Ironische ist, dass die Bildungs-Gegner_innen ihre eigene Besessenheit, auch dort Sexualität zu wittern, wo es überhaupt nicht um Sexuelles geht, wiederum nicht bei sich selbst erkennen, sondern sie auf die andere Seite projizieren.2 Aus dem harmlosen Sprechen über verschiedene Beziehungs- und Familienformen wird so eine „Frühsexualisierung“. Merke: „LIEBE IST PERVERSION“.
Keine Diskussion über Homo- und Transphobie kommt heute ohne Täter-Opfer-Umkehr aus. Et voilà: Aus einer wertfreien Darstellung verschiedener Identitäten leiten die Bildungs-Gegner_innen ab, hier würden die Kinder und ihre Eltern dazu gezwungen, alle nicht-heteronormativen Identitäten „toll zu finden“, die heterosexuelle Kleinfamilie plötzlich als etwas Böses anzusehen und „Sonderrechte“ für Schwule und Lesben zu „bejubeln“. In ihrem Gedankenuniversum ist es unvorstellbar, dass einfach die Mehrheit der Menschen endlich auf die Idee gekommen sein könnte, dass ihre Kinder auch in den Schulen zu Respekt angeleitet werden sollen. Nein, da „will eine Minderheit der Mehrheit ihre Ideologie aufzwingen“; da will die mächtige „Homolobby“ ihre „Kritiker mundtot machen“. Und so pinseln sie auf ihr Banner: „RESPEKT IST INTOLERANZ“.
Eine Diskussion fern jeder Faktenlage und eine bewusste Entsachlichung sind dabei durchaus gewollt. Also schwafelt man von einem angeblichen „Schulfach Homosexualität“, warnt davor, dass bald „nur noch über Regenbogenfamilien“ gesprochen werde, schon im Kindergarten Sexspielzeuge herumgereicht, die „natürliche“ (also heterosexuelle) Entwicklung der Kinder „gestört“ und die armen Kleinen „desorientiert“ würden. Klar ist auch, dass das alles nur auf Kosten der anderen Lerninhalte gehen könne, die den natürlichen Interessen der Kinder ja viel mehr entsprechen und für das Alltagsleben wirklich notwendig sind, wie z.B. Differentialrechnung oder Proteinsynthese.
Es ist kein Zufall, dass in diesem neurotisch-nebulösen Feld der gärenden Ressentiments neulich ein sehr kurzer Satz zu einer Aufmerksamkeits-Explosion führte.
„Auf keinen Fall kann es sein, dass beispielsweise Schwule und Lesben in den Klassen allein gegenüber den Kindern auftreten“,
formulierte Karin Bertholdes-Sandrock, „Schulexpertin“ der CDU und stellv. Vorsitzende des Kultusausschusses, in einem Interview und löste damit ein kleines Beben aus. Es ist fast unerheblich, was sie damit eigentlich gemeint hat. Entscheidend ist: Hier können alle Ängste hinein- oder herausgelesen werden, die in der derzeitigen Diskussion hochgekocht werden. Die Angst vor einer „Sexualisierung“, vor unkontrollierter Indoktrination, ja sogar die Ängste vor sexuellem Missbrauch oder „Verschwulung“ der Kinder. Bertholdes-Sandrock musste all das nicht erwähnen. Es ist den Bildungs-Gegner_innen gelungen, die gesellschaftliche Luft so mit Ängsten zu schwängern, dass jeder Kristallisationspunkt reicht, um sie abregnen zu lassen.
Erschreckend ist nicht nur, dass längst vergessen geglaubte Vorurteile noch immer so leicht und in solcher Wucht zu erwecken sind. Noch erschreckender ist, dass es wieder zum gesellschaftlichen Alltag gehört, irrationale Ängste vor Minderheiten nicht nur abzurufen, sondern sie gezielt zu schüren und zu verstärken, um daraus politischen Profit zu schlagen. Ich hatte diese Strategie im heutigen Deutschland für überholt gehalten, ja, für unmöglich. Es ist ernüchternd und beängstigend zu sehen, wie sehr ich mich geirrt habe.
Und all diese Hetze, diese Verachtung, diese aggressive Ignoranz bleiben versteckt unter wohlklingenden Phrasen. Mit so großem Erfolg, dass sogar die Medien willig über das dreckige Stöckchen springen und ausgerechnet den übelsten Hetzer_innen eine Bühne bieten, als seien irrationale Homo- und Transfeindlichkeit gleichberechtigte „Meinungen“, über die man dringend und natürlich „ganz neutral“ diskutieren müsse. Einige Medien sind sich nicht einmal zu schade, das ekelhafte Neusprech zu übernehmen.3 Es ist schwierig, im Rauch dieser Nebelbomben zu diskutieren. Wer klare Kante zeigt, ist leicht anzugreifen. Aber wie gehen wir damit um, wenn wir zwischen den Zeilen genau das herauslesen, was dort auch hineingeschrieben wurde, aber immer nur zu hören kriegen: „Das haben wir so nicht gesagt!“? Wie soll man einen Hass zu greifen bekommen, der sich in einem feigen „Ich will ja nichts gesagt haben, aber …“ versteckt? Wie mit Menschen diskutieren, die nicht einmal den Mumm haben, zu ihrer Verachtung zu stehen?
In den USA kämpft ein Verein darum, alle Bücher aus öffentlichen Bibliotheken zu entfernen, in denen Homosexualität positiv oder wertneutral dargestellt wird. Anstelle dieser wünscht sich eine der Protagonistinnen
„… ein Bilderbuch über die Freude, die ein Vögelchen empfindet, als es endlich von einem Papi und einer Mami adoptiert wird, nachdem seine beiden Väter vom West-Nil-Virus dahingerafft wurden“.
Es geht wieder um Auslöschungsphantasien. Na bitte. Das ist doch wenigstens ehrlich.
1 In der Baden-Württemberger Petition gegen den Bildungsplan, der das letzte Zitat entstammt, wird die stark erhöhte Suizidrate unter LGBTTIQ-Jugendlichen nicht etwa als Folge von Diskriminierung und Mobbing erkannt, sondern als gleichsam automatische Folge eines homosexuellen Lebens gedeutet. Den tragischsten Opfern von Diskriminierung selbst die Schuld an ihrem Tod zuzuschieben und damit dann auch noch weitere Hetze gegen die Überlebenden zu rechtfertigen – geht es noch zynischer?
2 Ein Leserkommentar auf Spiegel Online veranschaulicht diese Projektion unfreiwillig deutlich: „Allerdings vermag ich wirklich nicht einzusehen, warum zu diesem Unterricht ein Schwuler einzuladen ist. Genauso könnte ich als Hetero um eine Pornodarstellerin bitten.“
3 So fragte Sandra Maischberger allen Ernstes: „Homosexualität auf dem Lehrplan: Droht die ‚moralische Umerziehung‘?“, und das ZDF.info-Magazin „log in“ bewarb die gestrige Sendung mit dem AfD-Zitat „Die Keimzelle unserer Gesellschaft darf nicht in Gefahr geraten“, als sei die Behauptung, ehewillige Homos würden Heterofamilien „gefährden“, keine irre Paranoia, sondern eine diskussionswürdige Meinung.
„sowie erschreckenderweise auch Teile der CDU und der FDP“
Logischer- und konsequenterweise, angesichts ihrer Geschichte als Steigbügelhalter der Nazis und ihrer bürgerlichen Ideologie der Ungleichheit!
In den Artikel hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: Sie meinten sicherlich Compact und nicht Campact.
Vielen Dank für den Hinweis, ich habe es korrigiert.
Am Ende wurde klargestellt, dass das Vogelküken natürlich später die heterosexuelle Tradition fortzuführen habe. Mit Ideologie hatte das angeblich nichts zu tun. Und erst recht an Sexualpraktiken hat dabei, trotz Betonung der Fortpflanzung, offenbar niemand gedacht. Sobald aber in einem Bilderbuch zwei Männer einander die Hand reichen, haben die beiden in der obsessiven Phantasie “besorgter Eltern” gleich Poposex, Peitschen und Dildos im Gepäck.
Ein paar Fragen dazu: Dass die Jungen im Vogelnest später einmal selbst Nachwuchs haben werden, soll Ideologie sein? Verstehe ich nicht.
Wieso sollte man bei Fortpflanzung notwendigerweise auch an «Sexualpraktiken» denken? Man kann doch auch über Nachkommenschaft reden, ohne an Sex zu denken. Und Sexualpraktiken sind nochmal ein anderes Thema.
Was ist damit gemeint, dass die beiden Männer sich die Hand reichen? Händchenhalten? Oder das bei Begrüßungen übliche Händeschütteln?
Es geht darum, dass in der Schulaufführung als vollkommen selbstverständlich vorausgesetzt wurde, dass der Nachwuchs heterosexuell sei. Diese als absolut gesetzte Erwartung entspricht aber eben nicht der Realität, sondern ist eine falsche Vorannahme heteronormativer Ideologie, die Homosexualität einfach aus der Realität ausblendet. Ausnahmen von der heterosexuellen Norm werden dabei zu einem angeblich unerwartbaren „Ausnahmefall“ erklärt, der der Rechtfertigung bedarf, statt ihn als ebenso selbstverständlichen Teil der menschlichen Vielfalt zu begreifen.
Diese Aufführung spiegelt genau das Problem der meisten LGBT*IQ-Kinder und Jugendlichen wider, im Schulalltag und anderswo einfach nicht vorzukommen und so unsichtbar gemacht zu werden. Die Vorbilder und Zukunftsvisionen, die man heterosexuellen / cis-sexuellen Jugendlichen täglich präsentiert (wie das z.B. in der erwähnten Aufführung geschah), fehlen für LGBT’IQ-Kinder und Jugendliche immer noch nahezu völlig. Und dieses Fehlen ist nicht in der Natur begründet, sondern hat einen ideologischen Hintergrund.
Was die Sexualpraktiken angeht, geht es mir darum, dass bei Darstellung heterosexueller und homosexueller Alltagsrealität oft sehr unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden. Bei alltäglichem Verhalten muss, wie Sie ja sagen, niemand an konkrete Sexualität denken. Während aber Heteros sogar über gemeinsame Fortpflanzung reden können (die ja ohne Sexualität in der Regel nicht vonstatten geht), ohne dass dabei jemand sich automatisch konkrete Sexualität ausmalt, laufen bei der bloßen Betrachtung eines händchenhaltenden oder küssenden Schwulen-Paares in den Köpfen vieler heterosexueller Menschen gleich sexuelle Szenen ab. Der Witz ist also, dass Schwulen und Lesben in Alltagssituationen ein angebliches „Herausstellen von Sexualität“ vorgeworfen wird, die bei jedem heterosexuellen Paar als völlig „unsexuell“ wahrgenommen werden.
Zu der Theateraufführung: Ich bin selbst heterosexuell, habe mir aber nie in meinem Leben eine Familie gewünscht. Soll ich mich jetzt auch beklagen, weil Menschen mit mangelndem Kinderwunsch in unserer Gesellschaft ausgeblendet werden? Ehrlich gesagt käme ich nie auf so eine Idee, erst deine Antwort hat mich darauf gebracht.
Was Vorbilder im Allgemeinen anbelangt: Es gibt sicherlich gewisse Idealvorstellungen – wie sie z.B. in Hollywood-Kitschfilmen präsentiert werden. Ich fühle mich davon nicht angesprochen, obwohl ich heterosexueller cis-Mann bin (und zu allem Überfluss weiß). Aber es gibt durchaus Vorbilder für mich, ich suche sie mir aber lieber selbst, ich will dafür keine keine speziellen vorbildproduzierenden Institutionen.
Es gibt einige sehr bekannte und erfolgreiche Homosexuelle. Ich würde dem widersprechen, dass sich Homosexuelle für ihr Anderssein rechtfertigen müssen. Andererseits gibt es natürlich Homophobie, die zeigt sich aber meines Erachtens auf andere Weise. Was mir am meisten auffällt: Homosexuelle – vor allem männliche – lassen sich in der Öffentlichkeit kaum erkennen. Man sieht fast nie händchenhaltende männliche Paare. Lesben scheinen mir in dieser Hinsicht etwas offener zu sein.
(…) bei der bloßen Betrachtung eines händchenhaltenden oder küssenden Schwulen-Paares in den Köpfen vieler heterosexueller Menschen gleich sexuelle Szenen ab. Der Witz ist also, dass Schwulen und Lesben in Alltagssituationen ein angebliches “Herausstellen von Sexualität” vorgeworfen wird (…)
Kann ich beides nicht bestätigen. Kopfkino läuft doch sowieso im Dauerbetrieb. Wenn sich ein altes Paar liebevoll küsst, denkt sicher auch mancher, wie das bei ihnen so im Bett läuft. Gerade Schwule sind meiner Beobachtung nach extrem zurückhaltend, und ich wüsste auch nicht, dass man ihnen etwas Gegenteiliges vorwirft. Oft ist es ja so, dass nur Kleidung, Aussehen und Mimik/Sprache „zur Verfügung stehen“, um zu erkennen, ob jemand homosexuell ist. Das ist dann natürlich Gesprächsthema, erfordert aber oft eine recht genaue Beobachtung.
„Aber es gibt durchaus Vorbilder für mich, ich suche sie mir aber lieber selbst.“
Stellen wir uns vor, in Filmen, in der Werbung und in sämtlichen Schulbüchern kämen weiße heterosexuelle Männer überhaupt nicht vor. Wo genau würdest du dir deine Vorbilder suchen?
„Ich würde dem widersprechen, dass sich Homosexuelle für ihr Anderssein rechtfertigen müssen.“
Nun, das ist aber die Erfahrung, die ein überwiegender Teil der Schwulen und Lesben immer noch macht. Natürlich nicht (mehr) überall, aber doch immer noch sehr oft.
Was die Öffentlichkeit angeht, schlage ich dir einen einfachen Realitätstest vor: Nimm einmal einen guten männlichen Freund und spaziere engumschlungen mit ihm durch die Fußgängerzone von, sagen wir mal: Ludwigshafen. Gib ihm ab und zu einen Kuss auf den Mund oder streiche ihm durch’s Haar oder tätschel seinen Hintern. Wenn du das eine Stunde durchgehalten hast, können wir gern weiter darüber reden, wie selbstverständlich Homosexualität heute ist. Vielleicht kannst du dir hinterher auch leichter erklären, weshalb schwule Paare immer noch so selten erkennbar in der Öffentlichkeit auftauchen.
Ich hatte schon gesagt, dass es auch erfolgreiche Homosexuelle gibt, die eine Vorbildfunktion haben könnten. Elton John z.B. Es gibt auch Schwarze mit großer Fangemeinde. Ebenso Frauen. Da ist nicht nur der allmächtige WHM.
Meine Vorbilder waren früher Musiker (darunter auch schwule), heute eher Leute aus dem wissenschaftlichen Bereich. Mainstreamfilme und Werbung machen mich nicht an. Es gibt Filme, die ich klasse finde, z.B. Lars von Triers „Idioten“ – wer soll da im konventionellen Sinne Vorbild sein? Meinst du im ernst, ein relvanter Teil der Bevölkerung identifiziert sich mit Personen aus Schulbüchern? Meinst du Geschichtsbücher? Abgesehen davon wären dort kinderlose, schwarze und homosexuelle nicht ausgeschlossen. Überhaupt: Vorbilder sind ja gerade nicht immer diejenigen, die mit dem Strom schwimmen.
Was das Verhalten homosexueller Paare in der Öffentlichkeit angeht, gebe ich dir völlig recht. Hatte ich ja schon geschrieben. Wie Leute reagieren, wenn sie damit konfrontiert werden, würde ich auch gern mal wissen. Leider sieht man es eben so selten, dass ich mir da kein Urteil erlauben will. Wirkliche Angiffe habe ich bisher noch nicht wahrgenommen. Aber sicherlich Getuschel und neugierige Blicke.
Während meines Studiums gab es in meinem Institut zwei Schwule und eine Lesbe, die aus ihren Vorlieben keinen Hehl gemacht haben. Das wurde von den Kommilitonen unterschiedlich aufgenommen, je nach Sympathie. Einer ging auch – gelegentlich – Hand in Hand mit seinem Freund. Wenn Heterosexuelle andauernd Händchen halten oder Rumknutschen, ist das natürlich auch auffällig. Das machen auch nicht viele. Aber oft merkt man doch irgendwie, welche Leute ein Paar sind. Das ist bei Schwulen weniger offensichtlich. Interessanterweise scheint das bei Lesben etwas anders zu sein – nach meinem Eindruck sind sie da offener. Wie siehst du das? Wie ist das erklärbar?
Offen, heftigen Schwulenhass nehme ich vor allem bei Männern wahr, die ein eher machomäßiges Selbstbild haben. Deutlich mehr Schwulen- als Lesbenhass. Mit den Leuten kann man dann auch nicht reden.
Meiner Meinung nach (meine Meinung, keine wissenschaftliche Erkenntnis!) liegt das an unserer gender-orientierten Erziehung:
– Mädchen werden eher zur Zärtlichkeit erzogen, dürfen sich berühren, miteinander kuscheln, die Haare machen, die Nägel lackieren, mit Puppen (früher ja auch nur weibliche Wesen) spielen – kurzum, Körperkontakt unter Frauen wird anerzogen.
Dadurch fällt es natürlich Frauen später auch leichter, händchenhaltend in der Stadt zu spazieren. Gleichzeitig machen dies aber sowohl beste (hetero) Freundinnen als auch lesbische Pärchen. Es fällt also dem Betrachter weniger auf, und dadurch können lesbische Pärchen auch eher „untertauchen“ bzw. in der Masse aufgehen, d.h. wenn zwei Frauen in der Fußgängerzone Händchen halten, gelten sie als „normal“ und niemand pöbelt sie an. (Generell natürlich. Es finden sich bestimmt aber immer diskriminierungsbereite Homophobe, die einem evtl. als lesbisch erkennbaren Pärchen, irgendwas hinterherrufen.)
– Jungs werden wieder eher dazu erzogen, hart zu sein. Körperkontakt gehört dabei nur in seiner „Kurzform“ dazu, also z.B. bei Kontaktsportarten wie Fußball, in denen man sich nur kurz in Form eines Fouls oder High 5 berührt, und eben nicht miteinander kuschelt und sich hält.
Dementsprechend sehen zwei Männer, die Händchen halten, eben NICHT „normal“ aus: einerseits kennen viele schwule Männer das Bild eben selber nicht und haben Angst vor Reaktionen der Umwelt (Angst vor dem Unbekannten), andererseits weiß die Gesellschaft nicht damit umzugehen, da dies eben nicht dem herkömmlichen Bild entspricht.
Letztendlich eine bescheuerte Wechselwirkung, und ein Teufelskreis. Würden es ein paar mehr schwule Paare machen, wäre schon viel dabei gewonnen. Man kann ja mal hochrechnen, wie viele Leute es sehen würden, wenn ein schwules Paar einen Samstag 15 Minuten Hand in Hand durch die Fußgängerzone einer großen Stadt laufen würden. Auf jeden Fall eine Menge. Und je öfter, desto besser. Das wäre dann auch endlich „Umerziehung“ der Gesellschaft :)
Zu deiner Beobachtung übrigens: Mir wird oft gesagt, dass lesbische Paare selten gesehen werden (evtl. weil sie leichter „untergehen“) und schwule Paare dafür offensichtlicher sind (evtl. Kleidung, Auftreten etc.)
In stark paternalistischen Gesellschaften übrigens, in denen Männer zu Frauen erst Kontakt in der Ehe haben, sieht man übrigens zuhauf Männer auf der Straße, die Händchen halten, sich gegenseitig die Hand auf die Schulter legen oder die Arme einhaken; sie tauschen so eben Zärtlichkeiten aus.
Bleibt nur die Frage, wo wir deutschen Männer dann eigentlich unsere Zärtlichkeiten austauschen, denn wir haben ja auch nicht ständig einen festen Freund, eine feste Freundin oder eine beste Freundin. Aber das mit dem Körperkontakt ist noch mal eine ganz andere Geschichte.
Ein Beispiel für gezielte Fehlinformation analysiert Alexander von Beyme in seinem Blog. Es geht dort um Antje Schmelchers Artikel “Unter dem Deckmantel der Vielfalt”, der am 14.10. in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen ist:
http://www.alexandervonbeyme.net/2014/10/16/unter-dem-deckmantel-des-journalismus/
Hat dies auf Gedankensalat… rebloggt und kommentierte:
Unter diesem lesenswerten Beitrag fehlt der Like-Button. Daher erlaube ich mir kurzerhand, ihn zu rebloggen
Danke! Bei der Gelegenheit verlinke ich gern zurück, nämlich auf einen Artikel, der u.a. einen Kurzbericht der Bloggerin Nele Tabler enthält, die „inkognito“ auf einer der Anti-Bildungs-Demos mitgelaufen ist und dort ein paar erschreckende O-Töne aufgeschnappt hat:
http://onyxgedankensalat.wordpress.com/2014/10/25/demo-fur-alle-wo-sich-homophobie-und-der-klu-klux-klan-die-hand-reichen/
Ich verstehe das absolut hirnrissige Argument, Homoehen würden Heteroehen „entwerten“ überhaupt nicht. Warum sollte da etwas entwertet werden, nur weil etwas anderes auch möglich wird? Die einzig mögliche Deutung hinter dieser Argumentation ist ja eigentlich, dass man Angst hat, Homosexualität würde nun sozusagen „Mode“ und damit Menschen „verschwult“. Das von Menschen, die gleichzeitig bei jeder sich bietenden Gelegenheit von „unabänderlichen, naturgegebenen“ Eigenschaften faseln. Anscheinend kann man aber Homosexualität dann plötzlich doch „anerziehen“. Logisch …
Mit Logik hat das Ganze wohl wirklich nur bedingt zu tun, sondern vor allem mit irrationaler Angst. Wie du ja sagst, gehen dabei durchaus einander widersprechende Gedanken in den selben Kopf. Nach Orwell könnte man neben „Neusprech“ also auch von „Doppeldenk“ sprechen.
Wenn es eine Logik in der Behauptung der „Abwertung“ gibt, dann besteht sie darin, dass man homosexuelle Beziehungen einfach ganz selbstverständlich als minderwertig einstuft, als ginge es dabei um etwas qualitativ völlig anderes, wie z.B. die Zuneigung eines Menschen zu seinem Haustier (solche Vergleiche finden wir ja allen Ernstes immer wieder mal in der Diskussion) oder eben um etwas moralisch Verwerfliches. Und indem man etwas Wertvolles mit etwas angeblich weniger Wertvollem gleichsetzt, wertet man das Erste eben scheinbar ab. Insofern hat dieser Punkt schon eine gewisse innere Logik.
Übel finde ich dabei, dass diese Logik oft einerseits angewendet wird, gleichzeitig aber geleugnet: „Ich finde Homo-Beziehungen gar nicht schlechter, ich finde nur Hetero-Beziehungen besser.“
Außerdem wird hier verschleiert, wer dabei denn eigentlich wen abwertet. Angeblich geschieht die Abwertung von Seiten der Gleichstellungs-Befürworter_innen, die sich an der Würde der Heteroehe vergreifen. In Wirklichkeit aber werden hier Homo-Beziehungen abgewertet und entwürdigt, nämlich von den Gleichstellungs-Gegner_innen. Das ist eine klassische Täter-Opfer-Umkehr.
Ich finde es sehr schade, dass einem sofort Homophobie unterstellt wird, wenn man nicht möchte, dass die Kinder in der Schule in den unterschiedlichsten Fächern mit Sex konfrontiert werden. Egal welche Art von Sex.
Dieses Thema gehört erstens ausschließlicher in dem Biologieunterricht und muss zweitens nur die grundlegenden Dinge wie Verhütung und Geschlechtskrankeiten bzw. den Schutz vor diesen beinhalten. Ich finde nicht, dass es Aufgabe der Schulen sein sollte gewisse Werte zu vermitteln. Besonders dabei wie die Schulen bzw. die Vermittlung der Unterrichtsinhalte kontrolliert wird: nämlich gar nicht.
Ich bin gegen den Bildungsplan und nicht homophob und ich denke, dass es vielen so geht. Schade, dass man als Gegner des Bildungsplans sofort in eine Ecke geschoben wird.
„… wenn man nicht möchte, dass die Kinder in der Schule in den unterschiedlichsten Fächern mit Sex konfrontiert werden.“
Das möchte niemand. Es sei denn, man versteht die bloße Erwähnung gleichgeschlechtlicher Liebe oder transsexueller Menschen als „Konfrontation mit Sex“. Sie gehen hier gezielten Fehlinformationen auf den Leim oder messen mit zweierlei Maß. Ihre Befürchtung hat mit der Realität nichts zu tun.
„… muss zweitens nur die grundlegenden Dinge wie Verhütung und Geschlechtskrankeiten bzw. den Schutz vor diesen beinhalten.“
Die Erfahrung lehrt, dass Kinder und Jugendliche wesentlich mehr Fragen zu Sexualität und Beziehungen haben als nur zu Krankheiten und Verhütung, und dass sie außerhalb der Schule nur sehr unzureichend Gelegenheit bekommen, sich darüber zu informieren und kompetent zu diskutieren. Meines Erachtens spricht daher nichts für die von Ihnen vorgeschlagene thematische Begrenzung.
„Ich finde nicht, dass es Aufgabe der Schulen sein sollte gewisse Werte zu vermitteln.“
„Werte“ sind laut Verfassungen und Gesetzen offizieller Bestandteil der schulischen Bildung; das ist von der Mehrheit gewollt und sicherlich sinnvoll. Kaum jemand dürfte ernsthaft wollen, dass Schulen nur naturwissenschaftliche Fakten vermitteln und nicht auch die für unsere Gesellschaft grundlegenden ethischen Richtlinien. Wenn Sie aber Probleme mit ganz „gewissen“ Werten haben, dann benennen Sie die bitte konkret.
Vorweg: wieso werde ich gesietzt? Ich kenne es aus der Blogsphäre, dass allgemein das du üblich ist uns würde da auch gerne so beibehalten…
„Sie gehen hier gezielten Fehlinformationen auf den Leim oder messen mit zweierlei Maß. Ihre Befürchtung hat mit der Realität nichts zu tun.“
Welchen Fehlinformationen gehe ich den angeblich auf den Leim? Und warum sollte das Kultusministerium diese herausgeben, denn nur auf die Informationen von dort beziehe ich mich.
„Die Erfahrung lehrt, dass Kinder und Jugendliche wesentlich mehr Fragen zu Sexualität und Beziehungen haben als nur zu Krankheiten und Verhütung, und dass sie außerhalb der Schule nur sehr unzureichend Gelegenheit bekommen, sich darüber zu informieren und kompetent zu diskutieren. Meines Erachtens spricht daher nichts für die von Ihnen vorgeschlagene thematische Begrenzung.“
Unterschiedliche Kinder entwickeln sich unterschiedlich. Während das eine Kind vielleicht eine Frage zu bestimmten sexuellen Praktiken hat, kann die Antwort auf diese Frage für andere Kinder, die sich noch gar nicht reif für Sexualität fühlen ein Eingriff in die Intimsphäre sein.
Es ist richtig, dass Kinder Fragen stellen und dieser auch beantwortet bekommen sollen, aber es ist noch viel mehr richtig, dass niemand das Recht hat, Kindern diese intimen Themen aufzuzwingen. Wenn es wirklich das gehen würde, dass nur auf Fragen und Interessen der Kinder eingegangen werden soll und das mit Rücksicht auf die Intimsphäre, warum dein nicht ein zusätzliches FREIWILLIGES Fach zu dem Thema?
Für die thematische Begrenzung spricht ganz einfach, dass Kinder mit diesen Themen vertraue sein sollen, da sich sonst mögliche negative Konsequenzen wie Krankheiten daraus ergeben. Alles andere ist nicht so „lebenswichtig „.
„“Werte” sind laut Verfassungen und Gesetzen offizieller Bestandteil der schulischen Bildung; das ist von der Mehrheit gewollt und sicherlich sinnvoll. “
Da geht es aber um Werte im allgemeinen Umgang, die vermittelt werden sollen, in dem sie gelebt werden und nicht indem den Schülern erzählt wird, was gut und richtig ist. Es geht um Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme usw.
„Wenn Sie aber Probleme mit ganz “gewissen” Werten haben, dann benennen Sie die bitte konkret.“
Ich habe Probleme mit dem Eingriff in die Intimsphäre der Kinder!
Und mit der Art, dass hier sensible Themen angesprochen werden und nichts kontrolliert werden kann. Lehrer sind nicht neutral, auch wenn man da gerne so hatte. Und ein Lehrer wird diese Themen zum Anlass nehmen, seine Meinung dazu den Kindern zu vermitteln. Dieser Traum von, den Kindern wird einfach gesagt, da es dies und das auch noch gibt und die können sich dann selbst dazu eine Meinung bilden entspricht einfach nicht der am Schulen gelebten Realität!
Außerdem habe ich ein schlechtes Gefühl dabei, wenn so etwas wie Homosexualität wieder als etwas wie „guckt mal das gibt es neben der Heterosexualität auch noch “ erklärt wird. Bei mir an der Schule hab es si etwas nicht und unsere homosexuell Mitschüler hatten halt einfach den gleichgeschlechtlichen Partner bei der Klassenfete dabei. Statt es als anders zu erklären, sollte als lieber als völlig normal gelebt werden, denn nur dann kann man als nicht heterosexueller Mensch sich wirklich „normal “ fühlen.
Ich habe lange Zeit als Kind nicht geglaubt, dass es Homo- oder Heterosexualität wirklich gibt… Wart meiner Meinung nach auch kein Weltuntergang, dass niemand gekommen ist uns nur erklärt hat, ich bin unnormal. Denn Kinder empfinden meist sich selbst als völlig normal, bis jemand Ihnen sagt, dass es nicht so ist und das gehört hier auch zu meinen Befürchtungen. Auch wenn ich weiß, dass die Intention natürlich genau das Gegenteil ist, so bin ich der Meinung gut gemeint und gut gemacht sind zwei unterschiedliche Dinge.
So, Sie beziehen sich auf die Informationen des Kultusministeriums. Dann lassen Sie uns doch bitte konkret werden. Von welchem Bundesland reden wir hier? Können Sie bitte zitieren, wo genau dort die Rede davon ist, dass nun Kinder “in den unterschiedlichsten Fächern mit Sex konfrontiert werden” sollen, wie Sie behaupten?
„Statt es als anders zu erklären, sollte als lieber als völlig normal gelebt werden, denn nur dann kann man als nicht heterosexueller Mensch sich wirklich “normal ” fühlen. “
Genau darum soll es im Bildungsplan gehen.
“ Ich finde nicht, dass es Aufgabe der Schulen sein sollte gewisse Werte zu vermitteln.“
Es ist sogar eine der wichtigsten Aufgabe der Schulen in einem demokratischen Staat, demokratische Werte zu vermitteln. Dazu gehören u. a. Freiheit, die gleichwertige Akzeptanz verschiedener Lebensentwürfe und der Schutz von Minderheiten.
Auch die AfD hat einen schönen Slogan erfunden: VIELFALT IST KINDESMISSBRAUCH! [Link]
Die verantwortliche AfD Trier jammert auf ihrer Facebookseite: “ Man warf uns […] vor, wir würden Hassparolen verbreiten.“
Ja, die AfD wieder … eigentlich ein höchst trauriger Haufen, trotzdem nicht ungefährlich.
Mir gefällt der Text sehr gut! Lob dafür! ;)
Nur, dass alle Katholik*innen über einen Kamm geschert werden finde ich schade. Denn ich denke, es gibt viele katholische Menschen die sich nicht mit dem Mist der besorgten Eltern identifizieren.
Lg
Nachtrag zu meinem letzten Kommentar.
Diesen Kritikpunkt würde ich auch auf Protestant*innen erweitern.
Das habe ich grad eben übersehen.
Danke für das Lob und die Kritik.
Wo ich von „Protestant_innen und Katholik_innen“ schrieb, meinte ich natürlich nicht „alle Protestant_innen und Katholik_innen“.
Das habe ich mir schon gedacht, da du den Text sehr konstruktiv und bedacht geschrieben hast. Ich war aber der Meinung, dass diese Aufzählung für Verwirrung sorgen könnte, wie bei mir am Anfang auch. ;)
Bin über den Toleranzwochen-Beitrag (für den ich bei mir dann auch gleich mal die Werbetrommel gerührt habe…) auf Dein Blog gestoßen und hab mich ein bisschen durchgelesen – diesen Beitrag hier finde ich besonders gelungen, da werde ich bestimmt noch das eine oder andere Argument rausziehen können. Vielen Dank dafür!
Werde bestimmt wieder vorbeischauen und erlaube mir einstweilen mal, Dich in meine Linkliste aufzunehmen!
Sehr nett, danke!
Ich möchte anmerken das die Stuttgarter Freien Wähler sich nicht an den Demos der Bildungsplangegner beteiligen und ihre Haltung auch in einer Ausgabe der Schwulst unterstrichen!
Nur weil im Text oben die Freien Wähler ganz allgemein genannt wurden ;-)
Hat dies auf Themenarchiv rebloggt.
24. Januar 2015 - Hamburg demonstriert Vielfalt (akt.4) - 2mecs
Wenn oben von LSBTTIQ die Rede ist, dann ist damit lesbisch – schwul – bisexuell – transgender – transsexuell – intersexuell und queer gemeint. Wie vielleicht auffallen könnte, handelt es sich bei „transgender“ und „transsexuell“ um zwei Worte. Genauso wie gender und sex nicht dasselbe sind, genauso verhält es sich mit Worten, die von gender und sex abgeleitet werden. Transsexuelle Menschen sind dabei z.B. Mädchen, die mit vermännlichten Körpermerkmalen geboren werden und selbst wenn man nicht glauben mag, dass es diese Menschen gibt, sollte man doch anerkennen können, dass diese selbst wissen(!), dass sie existieren. Transsexuelle Menschen sind primär „transsexuell“. Das hat erstmal nichts mit „Gender“, dem sozialen Geschlecht, oder einer sozialen „Identität“ zu tun.
Natürlich ist es gerade modern, transsexuelle Menschen unsichtbar zu machen, indem man ihnen ein „Trans*“ (mit Stern) überstülpt. Heute aber habe ich gelesen, wie wichtig Sprache ist, um Problemlagen sichtbar zu machen. Nur dumm, dass der * eine gegenteilige Folge hat: Hier wird so getan, als sei eine transsexuellle Frau keine Frau, die auf Grund einer körperlichen Normabweichung gesellschaftlich diskriminiert wird, sondern um einen Mann mit Gender-Identitätsproblem.
Wie soll denn da überhaupt eine Diskiminierungslage sichtbar gemacht werden, wenn immer irgendwer ankommt und meint, er dürfe oder könnte transsexuelle Menschen von oben herab einfach mal unsichtbar machen?
Das nervt ziemlich. Und dieses Von-Oben-Herab ist leider der wunde Punkt, den auch die Bildungsplangegner kennen und das dann zur „Gender-Ideologie“ aufblasen.
Es wäre doch in der Tat schön, wenn dieser wunde Punkt gar nicht erst existieren würde. Die Möglichkeit sich mit der ein oder anderen Kritik an geschlechtlicher Fremdbestimmung auseinanderzusetzen gäbe es längst. Dazu müsste man aber erstmal bereit sein, anzuerkennen, dass transsexuelle Menschen existieren.
Danke für deine Kritik.
Generell bemühe ich mich darum, die Selbstidentifikationen aller Menschen zu berücksichtigen, vor allem dann, wenn ich über konkrete Personen spreche und deren genaue Selbstbezeichnung kenne oder erfragen kann.
Ich nehme den Vorwurf an, dass ich dabei nicht hundertprozentig konsequent bin. Ich nehme in meine Buchstabensuppe z.B. keine eigene Abkürzung für genderqueer, GuyDykes oder GirlFags auf, obwohl es nicht wenige Menschen gibt, die sich selbst so bezeichnen. Auch Asexuelle erwähne ich meistens nicht in der Liste. Mir ist bewusst, dass das verletzend oder zumindest ärgerlich sein kann. Allerdings weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie ich den Spagat zwischen „alle immer in angemessener Weise erwähnen“ und „lesbar und verständlich bleiben“ jederzeit hinbekommen soll. Bisher habe ich leider keine endgültige Formulierung gefunden, die nicht auch mit einem guten Argument kritisiert werden kann.
Es gibt Menschen, die Wert darauf legen, dass sie weder transsexuell noch transgender, sondern transident sind, und auch die können Erwähnung einfordern. Statt hier DREI „T“s hintereinander zu hängen, um alle einzeln zu benennen, verwende ich ein „T*“, um alle drei Varianten zu benennen. Das soll der Lesbarkeit dienen, aber sicher nicht der Unsichtbarmachung. Ich finde auch ehrlich gesagt nicht, dass bei einer solchen Auflistung eine bestimmte der Varianten unsichtbar gemacht würde. Ich vermute sogar, dass bei „trans*“ mehr Menschen an „transsexuell“ denken werden als an „transgender“, aber da kann ich mich auch täuschen.
Deinen Vorwurf, dank des Sternchens werde „so getan, als sei eine transsexuelle Frau keine Frau, die auf Grund einer körperlichen Normabweichung gesellschaftlich diskriminiert wird, sondern ein Mann mit Gender-Identitätsproblem“ kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Eine Zusammenfassung verschiedener Begriffe unter einem gemeinsamen Platzhalter erlaubt meines Erachtens nicht diese Interpretation. Die von dir zu Recht kritisierte falsche Sicht auf eine transsexuelle Frau teile ich selbstverständlich nicht.
Ich teile auch nicht deine Sicht, die Wahl des „T*“ sei die Übernahme einer Sprachregelung „von oben herab“. Ich habe diese Regelung aus Zusammenhängen von Menschen übernommen, die sie zur Selbstbezeichnung verwenden.
Es geht nicht um Bennenungen von ein und demselben. Genauso wie es einen Unterschied zwischen Lesben und Schwulen gibt, genauso gibt es einen zwischen dem Wort „gender“ und dem Wort „sex“. Wenn schon, dann sei wenigstens so konsequent und sprich auch bei Lesben und Schwulen nur noch von H*. Ok? Sonst hat Deine Argumentation nämlich ein Loch.
Kim, bitte lass unss diese Diskussion im Kommentarbereich zu „Draußen nur Heten“ weiterführen und nicht parallel hier UND dort.