Diskriminierte als Zumutung – die Toleranzwoche in der ARD

Liebe Leute von der ARD,

am Samstag beginnt eure Themenwoche „Toleranz“. Das finde ich prima. Es wird Zeit, dass wir mal ausführlich über die Menschen reden, die das mit der Toleranz selber partout nicht hinbekommen wollen und deshalb die Toleranz anderer Menschen strapazieren. Ich habe auch schon ein Plakat für eure Kampagne gebastelt, mit supertollen Slogans. Das könnt ihr gerne verwenden – ganz kostenlos!

Thilo Sarrazin, Beatrix von Storch, Matthias Matussek, Akif Pirincci

[nicht alle erkannt?*]

Endlich werdet ihr mal nachfragen, welche Frechheiten zum Beispiel Schwule immer noch alltäglich ertragen müssen, sobald wir in der Öffentlichkeit als solche sichtbar werden. Welche Toleranz wir aufbringen müssen, um mit Abwertungen, Beleidigungen und sogar Gewalt klarzukommen.

Oh, das tut ihr gar nicht. Ihr fragt etwas ganz anderes:

„Ist sich das knutschende schwule Paar in der U-Bahn eigentlich bewusst, wie viel Toleranz es seinen Mitreisenden abverlangt?“

Zugegeben, über diese wichtige Frage habe ich tatsächlich gar nicht nachgedacht, als ich einmal in der vollbesetzten U-Bahn plötzlich von Jugendlichen umringt war, die sich lautstark verschiedenste Todesarten für mich und meinen Freund ausdachten. Wieviel Toleranz habe ich diesen sicher zu Recht verstörten Heranwachsenden doch abverlangt! Und sicher auch all den Mitreisenden, die das Ganze aus nächster Nähe schweigend mitansehen mussten!

Ihr wollt auch gar nicht über die intoleranten Menschen reden, die anderen das Leben zur Hölle machen, sondern haltet ausgerechnet ihnen ein Mikrophon vor die Nase. Ihr ladet den bekennenden Homophoben Matussek in eine Talkshow ein und lasst in eurer Broschüre Kardinal Marx die Toleranz seiner Kirche preisen, jenen Kardinal Marx, der die jahrhundertelange brutale Verfolgungs- und Auslöschungstradition der RKK mit den Worten verniedlichte, seine Kirche habe im Umgang mit Schwulen in der Vergangenheit „nicht immer den richtigen Ton getroffen“ und der die rechtliche Gleichstellung weiterhin so vehement verdammt wie sein ach so toleranter Arbeitgeber es vorschreibt.

Überhaupt sind da auffällig viele Kirchenleute unterwegs in eurer Toleranzwoche. Wird, wenn es schon um Toleranz geht, irgendwo zur Sprache kommen, dass sowohl die RKK als auch die evangelische Kirche großen Wert darauf legten, beim Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz mit großzügigen Ausnahmeregelungen bedacht zu werden, um weiterhin Angestellte aufgrund ihres Privatlebens kündigen zu dürfen?

Eine Plakatkampagne habt ihr auch schon. Lustig, ihr seid zufällig auf die selben Slogans gekommen wie ich. Leider weist eure Kampagne nicht darauf hin, dass das Problem, über das wir reden sollten, intolerante Menschen und Organisationen sind, sondern sie suggeriert, das Problem seien Schwarze, Schwule, Kinder und Behinderte, und zwar für Weiße, Heterosexuelle, Erwachsene und Nichtbehinderte, die dringend mal wieder ganz neutral und ergebnisoffen darüber diskutieren sollten, ob diese „Anderen“ nun wirklich minderwertige Menschen seien oder vielleicht doch nicht.

Statt diejenigen, die Intoleranz ertragen müssen, zu fragen, was das anrichtet, fragt ihr lieber, wie die Chimäre der „Normalbevölkerung“ mit der Zumutung der Existenz von Menschen zurechtkommt, die sie selber ausgrenzt und herabsetzt. So geht’s natürlich auch. Wenn man die letzten fünf Jahrzehnte nicht mitbekommen hat. Ihr suggeriert eine Debatte, die nicht mit Diskriminierten geführt wird, sondern über sie, und zwar von denen, die sie diskriminieren. Ich fühle mich hier, ehrlich gesagt, wie in einer Zeitschleife gefangen.

Darüber, wie verheerend falsch diese Kampagne angelegt ist, haben Andere schon da und dort kluge Dinge gesagt, die ich hier nicht wiederholen muss. Aber ich hoffe wirklich, dass diese Themenwoche insgesamt nicht so grausig danebengeht wie eure Plakatkampagne. Vielleicht sind ja sogar wirklich in der Vielzahl der Beiträge ein paar dabei, die den schrecklichen Unsinn, den ihr da verzapft habt, wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Das Programm, da wollen wir fair bleiben, sieht ja zumindest teilweise danach aus.

Über die Grenzen meiner Toleranz werde ich jedenfalls mit Sicherheit wieder etwas lernen.


Nachtrag 16.11.: Im Kommentarbereich findet ihr eine Reaktion von Benedikt Fischer, Redakteur der Sendung Horizonte, auf meine Kritik.


[*] Im Plakat von links nach rechts:
1) Thilo Sarrazin verdient mit rassistischer pseudo-Wissenschaft Geld und behauptet, man dürfe in Deutschland genau die Sätze nicht äußern, die er in Millionenauflage verbreitet.
2) Beatrix von Storch, Europa-Abgeordnete der AfD und eine der Schlüsselfiguren der Anti-Bildungs-Demos, sieht sich von der homo-jüdischen Gender-Weltverschwörung bedroht, die nichts Geringeres im Schilde führt, als mit großangelegten Gehirnwäschekampagnen die unschuldige deutsche Jugend zu pervertieren und alle Werte zu vernichten.
3) Matthias Matussek brüstet sich mit seiner religiös-verquasten Homophobie, als sei diese Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit eine aussterbende Kulturleistung, deren Fahne er als einer der letzten Heroen in die Höhe reckt.
4) Akif Pirinçci hat sich nach einigen unterhaltsamen Katzenkrimis nun auf eine widerwärtig fäkalsprachliche Hetze gegen alles verlegt, was nicht männlich, heterosexuell, sexistisch und nationalistisch ist.


37 Kommentare zu “Diskriminierte als Zumutung – die Toleranzwoche in der ARD

  1. Etwas Ähnliches erlebte ich, als ich mich lautstark gegen einen Mann wehrte, der meinte, meine Brüste seien öffentliches Allgemeingut, an die er sich folgenlos bedienen könne.

    Anstatt dass dieser Mann seiner Unverschämtheit gerügt wurde oder dass sich jemand dazu herabließ, gegen seine unverschämte, respektlose Grenzüberschreitung einzuschreiten, wurde ich doch gebeten, Rücksicht auf die Mitfahrer zu nehmen, die sich von einer keifenden Frau belästigt fühlten. Es wurde darüber debatiert, wie ich mich so verhalte könne und bla und blub und tatsächlich auch darüber, dass ich jetzt voll seine Gefühle verletzt hätte und der würde sich ja nie wieder trauen, ne Frau anzusprechen. Der Arme.

    Das Gleiche in Grün, ich wehrte mich gegen Beleidigungen aufgrund meiner in Teenagerjahren stark von Entzündungen und Akne heimgesuchtes Gesicht und kriege von den Mitreisenden den nächsten Tritt verpasst, die sich darüber empörten, wie ich so nen Aufstand deswegen machen könne. Die Leute, die mich vorher beleidigten bekamen nicht mal einen empörten Blick. Es war viel schlimmer, dass ich mich darüber beschwerte, als die Tatsache, dass ich verbal immer wieder angegriffen und beleidigt wurde.

    Echt unglaublich – ich finde dieses Verhalten einfach nur ekelhaft.

    Aber komm zaunfink, von anderen Leuten musst du schon wirklich ne Menge Toleranz verlangen, dich nicht am nächsten Baum aufzuhängen, wenn du nur in ihrer Nähe bist. Und dann auch noch den Freund küssen – neeeeeee, ist ja klar, dass die schwer traumatisierten Jugendlichen in ihrer Verzweiflung verbal auf euch losgehen. Müsste sogar noch unter Notwehr fallen.

    Scherz beiseite – im Grunde genommen ist es einfach eine widerliche Unverschämtheit, über die man nicht schweigen darf. Und genau deshalb reiße ich meine Klappe auch immer wieder auf, wenn jemand sich so bullshitmäßig aufführt. :)

    • Was du da berichtest, ist ja wirklich höchst ärgerlich.

      In dem oben genannten Fall gab es nicht mal einen Kuss. Es hat ausgereicht, dass wir irgendwie „schwul aussahen“.

      „Müsste sogar noch unter Notwehr fallen.“

      Klingt wie ein Witz, ist aber traurige Realität. Das erinnert mich nämlich an die sogenannte „gay panic defense“, mit der Angeklagte in den USA mildernde Umstände beantragen können, wenn sie einen Schwulen totgeschlagen haben, nachdem der sie angeblich angemacht oder auf irgendeine angeblich schockierende Weise mit seiner Homosexualität konfrontiert habe. Auch die Mörder von Matthew Shepard (der Fall ist ja recht bekannt geworden) beriefen sich darauf, dass die offene Homosexualität Shepards sie „unzurechnungsfähig“ gemacht habe. Das wurde vom Richter nicht akzeptiert. Diese Begründung geistert aber immer noch durch das US-amerikanische Strafrecht.

      • Ich weiß, davon hab ich auch schon mal gehört – ganz spontan löste es einen massiven Brechreiz bei mir aus O.o

        Genau, die waren so entsetzt und schockiert über Shepards Schwulheit, dass sie voller Panik 18 Mal mit einer Eisenstange auf ihn einschlugen, ihn fesselten, ausraubten, seine Kreditkarten benutzten und sich in ihrer Angst falsche Alibis beschaffen wollten.

        Mach ich auch immer, wenn ich Todesangst habe…

    • @ oheinfussel

      So wie ich das von dir lese, fällt mir eine Story ein, die ich als Teenie erlebt hab. Ich hatte damals ein – wie ich damals noch glaubte – nettes kleines Stammbistro, in dem ich regelmäßig abgehangen habe. Bis ich irgendwann erfahren habe, dass einer der anderen Stammgäste (ein Typ um die 60) widerliche Gerüchte verbreitete, ich wäre total scharf auf den und würde ständig Sex wollen, etc. Ein anderer Gast sprach mich darauf an, ob das stimme, dass ich mit dem Sex gehabt hätte, das würde dort jeder erzählen. Ich hab den Betreiber gefragt, ob er davon was wüßte und der grinste nur dämlich. Und ich bin aus allen Wolken gefallen und völlig ausgeflippt, und hab den angeschrieen, ob er nicht mehr alle Latten am Zaun hätte, wieso er zulässt, dass solche Lügen verbreitet werden, obwohl der mich kannte und genau wußte, dass das nur eklige feuchte Träume dieses Widerlings waren. Der hielt es dann allerdings für nötig, mich zu ermahnen, mich doch zusammenzureißen. Ich hab ihm dann nur noch vor allen anderen Gästen ins Gesicht gesagt, dass er sich wohl lieber an den ekligen Gerüchten aufgeilt, und zu feige ist, die Wahrheit zu sagen und hab seitdem diesen Laden nie wieder betreten.

      Bisschen off topic hier, sorry dafür, aber es kam mir spontan wieder in die Erinnerung, als ich deinen Text las.

    • Hallo oheinfussel,

      Meine ehemalige beste Freundin und ich waren angeblich auch eine Zumutung für die Umwelt, weil ich Autistin, chronisch körperlich krank und asexuell bin und sie leicht geistig behindert, herzkrank und bisexuell ist. Wir wurden gemobbt und es wurde uns IMMER WIEDER gezeigt, dass wir so, wie wir sind, nicht richtig sind und dass wir unerwünscht sind, hauptsächlich von meiner Familie !!!

      Mir wurden so „intelligente“ Sachen gesagt wie: „Du brauchst Dich nicht zu wundern, dass Du nicht gesund wirst, wenn Du mit so einem Menschen (also damit war meine Freundin gemeint) Kontakt hast. Such´ Dir mal RICHTIGE Freunde.“

      Oder auch: „Wenn Du mal einen Freund hättest, würde es Dir deutlich besser gehen, Du würdest vielleicht wieder gesund werden.“

      Oder: „In deinem Alter (18 Jahre) immer noch keinen Freund zu haben, ist unnormal, das ist ein Zeichen dafür, dass Du innerlich noch ein Kind bist und deshalb dürfen wir Dich auch so behandeln.“

      Oder, wo ich jemandem erzählt habe, dass meine beste Freundin sich von ihrer damaligen Freundin (die Borderlinerin ist) getrennt hat: „Das ist ja kein Wunder, dass das schief ging, wie kann man auch als Frau mit einer anderen Frau zusammen sein. Sie ist selbst Schuld daran, wäre sie mit einem Mann zusammen gewesen, wäre das sicher nicht so passiert. Aber wahrscheinlich ist sie zu stark intelligenz-gemindert, um die Situation zu überblicken.“

      Mittlerweile ist unsere Freundschaft beendet, weil ich es einfach nicht mehr ausgehalten habe, vor allem den Vorwurf nicht, dass sie Schuld daran ist, dass ich in meinem Leben sehr viele Krankheiten hatte und immer noch habe.
      Ich tue so, als ob alles in Ordnung wäre, aber in Wirklichkeit fehlt sie mir und mein damaliges Leben. Nur ich habe VERINNERLICHT, dass sie (und Behinderte allgemein) wertlosere Menschen seien und somit nicht gut für mich sind.

      Ich weiß, dass das schwach ist, aber ich versuche wirklich über die Runden zu kommen und alles unnormale behindert mich dabei.
      Ich bin auf dem besten Weg, dass meine narzisstische Persönlichkeitsstörung immer schlimmer wird. Leider hasse ich mich dann selber, wenn ich mal wieder körperlich schwach bin.
      Ich habe für mich selber auch den Anspruch, dass ich mich nur dann lieben darf, wenn ich normal bin, aber das bin ich leider selten.

      Ich denke, um psychisch wieder gesund zu werden, muss ich lernen, mich rückblickend so zu lieben, wie ich war, aber das wird schwer, gerade weil die Umwelt immer noch so intolerant ist. Das Einzige was jetzt besser ist, dass ich mittlerweile älter geworden bin.

      Luna

  2. danke, zaunfink, dieser eintrag fasst alles zusammen, was mir seit der ersten sichtung der plakate durch den kopf geht und meinen puls in die höhe treibt. hätte man nicht besser sagen können.

  3. Von meiner Seite auch ein herzliches Dankeschön für diesen tollen Text, der mir mal wieder aus dem Herzen spricht. Als ich von der Sache hörte, wollte ich auch erst darüber bloggen aber nachdem ich deinen Text gelesen habe, habe ich das Gefühl, dass du alles dazu gesagt hast. Tut gut zu lesen, dass auch anderen hier der Kragen platzt und der Mist nicht unkommentiert bleibt.

  4. Ach, großartig. Schön, zwischen all dem derzeitigen Haareraufen und Kopfschütteln mal wieder einen Text zu finden, der mich zustimmend nicken und vom Sarkasmus amüsiert lächeln lässt.

  5. Ich bin extrem froh, dass Du die ARD auf die Hörner genommen hast. Ich liebe Deinen ironischen Witz. Ich empfinde ebenso wie Du.

    Kritik: Ich höre immer nur „Homophobie“, gut, ist auch mein Thema unter anderem. Wir machen uns aber um ein starkes, vielleicht das stärkste Argument ärmer, wenn wir nicht zumindest in einem Nebensatz darauf hinweisen, dass die vielfältigen, systemimmanente Ungerechtigkeiten alle bis auf eine verschwindend-kleine Minderheit von Machtnutznießern in irgend einer Weise tangieren, nämlich, alle, diejenigen, die nicht Männer, Nord-West-Europäer (und deren Diasporanachkommen), in keiner Weise „behindert“, und auch sonst normativ auf allen anderen uns geläufigen Arten. Das schließt, auch wenn wir uns lieber gegenseitig ignorieren und ausgrenzen, so gut wie alle ein.

    Ich habe keine Lust mehr als „Homo-“ (Unwort bewusst gewählt) das Anti-Diskriminierungs-Hätschelkind der Gutmenschen zu sein.

    • Hier ist Heteronormativitätskritik Hauptthema, weil ich mich damit wirklich kompetent fühle. Aber du hast vollkommen Recht, hier geht es um ein Geflecht von Abwertungen, Entmachtungen und Marginalisierungen auf verschiedenen Ebenen, die im Grunde uns alle betreffen. Ein sehr wichtiger Einwurf!

      Dein letzter Satz ist vielleicht mal einen eigenen Artikel wert … :-)

  6. Ich habe diesen Text vor n par Tagen gelesen . . . hat mir gut gefallen.
    Es gibt Situationen auch Haltungen von Menschen wie die Pirinccis, Storchs, Reiches etc pp da bin ich gnadenlos intolerant und ggf. respektlos.

    • Katharina Reiche, Gabriele Kuby, Hedwig von Bevernförde, Erika Steinbach, Henryk Broder, Birgit Kelle, Hartmut Steeb, Philipp Gut … Man hätte vermutlich ein Dutzend solcher Plakate machen können.

      • Birgit Kelle kommt nächste Woche in meine Nähe in die Kirche, um über Ehe, Familie, Sexualisierung, Genderideologie und schleichende Gleichmacherei zu sprechen
        (Natürlich wurde auf dem Plakat ganz dezent darauf hingewiesen, dass Frau Kelle natürlich brav hetero ist, verheiratet und mindestens 4 Mal ungeschützten Sex mit ihren Mann hatte(4Kinder)

        Ich habe so das Gefühl, dass sie sich nicht darüber empören wird, dass Kinder schon direkt nach der Geburt in zwei Kategorien(Rosa und Blau) unterteilt werden und ein Blick in die Klamotten- und Spielwarenabteilung verrät, dass auch dort diese Unteteilung konsequent fortgesetzt wird. Mädchen sind so, Jungs sind so und und die Gleichmacherei, über die sie sich beschwert, hat zum Ziel, dass die Vielfalt der Menschen gefördert wird, ohne eine zu bevorzugen oder zu benachteiligen und dass Mädchen nicht im rosa Prinzessin-Glitzerstrampler geboren werden,(und Jungs nicht im blauen Superhelden) sondern hineingesteckt werden von den Eltern und der lieben Verwandtschaft. Interessen und ach so typische Verhaltensweisen werden sehr viel mehr anerzogen, als dass die Kinder sie von alleine entwickeln würden. Und genau dagegen sollte man sich wehren, Kinder sollten Interessen haben und ausleben können, wie sie wollen, wie sie sind und was sie mögen und interessant finden, ohne, dass sie in eine Richtung gedrängt werden, wie ein Mädchen oder ein Junge zu sein, weil ein Mädchen und Junge so und so ist und nicht anders.

        Außerdem, die tatsächliche Gleichmacherei, gegen die endlich was gemacht werden sollte und muss, will dafür sorgen, dass nur die Ehe Mann/Frau als wirklich wertvoll und richtig gilt, dass Mädchen/Frauen so und so sind und Jungs/Männer genauso und dazwischen gibt es nichts – wer macht also alles gleich? Anstatt endlich zu akzeptieren, dass es sehr viel mehr Grautöne, als Schwarz/Weiß gibt. Schubladen helfen vielleicht beim Einsortieren von Menschen, aber sie brechen hier und da Ecken und Kanten ab, die jeden Menschen einzigartig machen.

        Ich bin inzwischen dahinter gekommen, warum manche ernsthaft denken, die Homoehe bedrohe ihre vorbildliche Heteroehe. Weil(und das klingt doch logisch) sie zumindest im Hinterkopf haben, dass die nicht-heterosexuelle Ehe schlechter ist, als ihre, ja vielleicht, dass sogar der Nicht-Hetero schlechter ist als sie – deshalb soll er ja bitte nicht auf der gleichen rechtlichen und gesellschaftlichen Stufe stehen, wie man selber. Denn man selber ist ja besser und die Ehe ist ja auch besser und muss daher bevorzugt werden, braucht Privilegien, um sich von „denen“ da abzuheben und zu unterscheiden. Wer den Nicht-Hetero als gleichwertig, gleichwertvoll ansieht und auch dessen Beziehung so sieht, wehrt sich gegen die Diskriminierung und empfindet sie als Ungerechtigkeit, die man nicht tolerieren darf.

        Klingt doch eigentlich ganz sinnvoll oder?

        „Ich bin besser, meine Ehe istz wichtiger, wertvoller als „die“ da.(seine also ist schlechter, weniger wertvoll und eben ganz was anderes). Sie wollen einfach auf der höheren Stufe stehen, weil sie sich ja selber auch so sehen und es einfach Benachteiligung ist, die heilige, so viel bessere und wertvolle Heteroehe gegenüber „denen“ da eben nicht zu bevorzugen.

        Nicht alles, was glänzt, ist Gold und nicht alles, was Gold ist, glänzt auch.

        Wer andere in den Schatten stellen muss, um selber besser im Licht zu funkeln, der sollte sich mal ernsthaft Gedanken um sein Menschenbild machen.

        Ich habe fertig :)

        • „Birgit Kelle kommt nächste Woche in meine Nähe in die Kirche, um über Ehe, Familie, Sexualisierung, Genderideologie und schleichende Gleichmacherei zu sprechen“

          Schon wieder so eine kinderfeindliche Veranstaltung wie die Demo für Alle (außer die, die sich mehr Akzeptanz wünschen)?

          „Wer andere in den Schatten stellen muss, um selber besser im Licht zu funkeln, der sollte sich mal ernsthaft Gedanken um sein Menschenbild machen.“

          Sehr schöne Worte, die sich so mancher mal übers Bett nagen sollte.

          • „Schon wieder so eine kinderfeindliche Veranstaltung wie die Demo für Alle (außer die, die sich mehr Akzeptanz wünschen)?“

            Das ist zu befürchten – ich würde mir das ja mal anhören(es ist einfacher, jemandes Argumente zu zerlegen, wenn man die Argumente aus dessen Mund hört). Aber just an diesen Tag bin ich unterwegs – mal sehen, ob ich nicht doch irgendwo einen Spitzel auftreiben kann. Miene Familie meint, es ist das Beste, diese Frau zu ignorieren – aber ich habe so den Verdacht, dass das eher kontraproduktiv ist O.o

    • Solche Menschen vergessen, dass es zwar Meinungsfreiheit gibt, sie aber endet, wo die Freiheit anderer Menschen beschnitten wird und sie zwar ein Recht darauf haben, eine Meinung zu haben – aber nicht darauf, dass diese von allen kritiklos hingenommen wird.

      Intoleranz muss man nicht tolerieren.

  7. Ich habe meine Kritik auch an den HR geschickt und von Benedikt Fischer eine Antwort erhalten. Er ist Redakteur des Magazins Horizonte (die Sendung mit Matthias Matussek und Ellen Ueberschär) und vertritt hier nicht den HR, sondern seine persönliche Meinung.

    Die Sendung findet ihr hier in der Mediathek: http://m.ardmediathek.de/Der-Tanz-um-die-Toleranz?docId=24737488&pageId=13932928

    Ich fand den Emailwechsel (ich veröffentliche hier nur einen Teil) sehr angenehm und sachlich und gebe das hier u.a. auch deswegen wieder, weil es mir gezeigt hat, dass Kritik an Medien nicht immer in irgendeinem Sekretariat unbemerkt versandet, sondern durchaus bisweilen wirklich ankommt.

    „[…] Der Satz, den Sie monieren, war – zugegeben – unglücklich fomuliert. Er sollte einen Zustand beschreiben, keine Meinung abbilden…erst recht nicht unsere. Wir wollten bewusst provozieren und auch anecken, um der Gefahr des „Toleranz-Kuschelns“ entgegen zu wirken, die eine solche Themenwoche mit sich bringen könnte: Ein Sich-Wohlfühlen in einem vermeintlichen Zustand („Ach, was sind wir doch alle tolerant!“), den wir in Wirklichkeit jedoch noch lange nicht haben.
    Das war die Absicht, die jedoch gewaltig nach hinten losging. Und ich kann absolut verstehen, wenn Ihnen da die Galle hochkommt beim Lesen, weil Sie an eigene üble Erlebnisse zurückdenken müssen.

    Es hätte sicherlich Alternativen für diesen Satz gegeben, oder man hätte zuallererst einmal auf das Wort „schwule“ verzichten können…aber hinterher ist man ja bekanntlich immer schlauer. Es ging um die Ankündigung einer Sendung über Toleranz und eben auch Intoleranz, einem Streitgespräch mit Einspielfilmen. Dass Kontroversen zu einem Streitgespräch gehören, versteht sich von selber. Dabei besteht immer die Gefahr, dass die persönlichen Standpunkte der Diskutanten mit dem Standpunkt der Redaktion gleichgesetzt werden – das passiert uns nicht selten. Dabei wollen wir nur offen diskutiert wissen, worum es eigentlich geht. Wenn Herr Matussek der einzige „Homophobe“ hierzulande wäre, dann hätten wir ihn sicherlich nicht eingeladen, weil es dann auch keinen Grund für unsere Sendung gegeben hätte. Leider gibt es sehr viele „Matusseks“ – aber eben nur einen, der nicht zu feige war zum offenen Diskutieren.

    Was Sie über die Plakataktion schreiben, kann ich teilweise nachvollziehen. Ich verstehe zwar die Absicht der Macher (sie ist im Grunde die gleiche wie unsere), aber über das Ergebnis kann man wahrlich streiten. Allerdings gilt auch hier: Es wird nichts in Frage gestellt, was nicht sowieso von vielen Menschen in diesem Lande in Frage gestellt wird – so sehr wir das bedauern bzw. „zum Kotzen“ finden, wenn ich das mal so klar sagen darf.
    Aber eins ist klar: Die Plakate sollen nicht dazu anregen, darüber zu diskutieren, ob die abgebildeten Menschen „dazugehören“, „normal“ oder eben nicht sind usw. – sondern vielmehr dazu, Standpunkte (besonders die eigenen) zu hinterfragen.
    Wer das bereits getan hat, für den mag das alles „ewig gestrig“ klingen. Aber wie gesagt: Es gibt leider viele Menschen (und auch Institutionen, da haben Sie völlig Recht), die absolut intolerant sind, auch wenn die das kaum zugeben würden.

    Und solange es die gibt, sollte es auch Aktionen dagegen geben, auch eine ARD-Themenwoche, wie auch immer geglückt oder mißglückt die Werbung/Ankündigung dafür sein mag.
    Dass es Aufklärung und Aktionen überhaupt braucht – das finde ich das eigentlich Traurige und Beschämende daran.

    So, ich hoffe, Sie verstehen jetzt, warum es ein wenig gedauert hat mit der Antwort…und vielleicht auch, warum ich nicht so im Einzelnen auf Ihren pointierten Text (der mir persönlich gut gefallen hat) eingehe und eher unsere Motivation und Absicht zu schildern versuche. Nicht als Rechtfertigung, sondern als Erklärung. Denn das, was Sie (mit Recht) kritisieren, das versichere ich Ihnen, entstammt nicht einer rückständigen, homophobem bzw. komplett intoleranten Haltung der Redaktion, auch wenn es so ausgesehen haben mag.

    Dankesehr für Ihre Kritik!

    Mit freundlichem Gruß,
    Benedikt Fischer“

  8. Scheint ja wieder einmal auf ein Armutszeugnis für die öffentlich- rechtlichen rauszulaufen, diese (In-)Toleranz- Woche. Ich befürchte, es wird ausser ein paar Alibi- Veranstaltungen/Sendungen wohl bei dem Ton bleiben, den die Plakate vorgeben.

  9. Thilo Sarrazin ist Mitglied der Toleranzparei SPD. Die wiederum ist so irre tolerant, dass sie diesen rassistischen Aufhetzer nicht achtkantig rausschmeißt.

    Beatrix von Storch, die twitterkotzende Twitterziege fordert aber auch „Null Toleranz gegenüber Genitalverstümmelungen bei Frauen“ – Also bitte um Nachsicht, denn bei so einem Gestrüpp von Toleranz und Intoleranz kanns schon mal vorkommen, dass man ganz wirr im Kopp wird.

    Und Matthias Matussek ist als Journalist (Edelfeder?) (Ekelfeder?) der Wahrheit verpflichtet (siehe Berufsethos), d.h. „Verständnis für Menschen und gesellschaftliche Zusammenhänge fördern, das humanitäre und soziale Verantwortungsbewusstsein stärken, zum Zusammenleben unterschiedlicher Gemeinschaften, Religionen, Kulturen und Einzelpersonen beitragen und die Orientierung an christlichen Werten fördern“. Als Mensch ist er also ein AXXXXloch, als Journalist aber ein Toleranzheroe.

    Akif Pirinçci muß ich erstmal bei Google nachschlagen – – –

    http://volkundglauben.blogspot.de/2018/04/homosexualitat-matthias-matussek.html

Pfeif drauf!

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