Nach dem Krieg galt für die Schwulenverfolgung in Deutschland kein „Nie wieder!“, sondern ein „Recht so!“ Der §175 blieb. Die politische Hetze, die polizeiliche Verfolgung, die moralische Ächtung und der soziale Tod bei bloßer Verdächtigung blieben. Nicht wenige Schwule, die den Auslöschungsversuch der Nazis überlebt hatten, standen erneut den selben Richtern gegenüber wie damals. Deutschland hatte sich selbst die Menschenwürde ins Gewissen und in die Verfassung geschrieben. Es galt nicht für die Schwulen.
1969 kam die erste Reform in Westdeutschland: Homosexualität zwischen mindestens 21-jährigen Männern wurde legalisiert. Zur Beruhigung der schon damals besorgten Eltern, die ihre wehrpflichtigen Sprösslinge gerne sexuell unangetastet aus den Kasernen rückausgehändigt bekommen wollten, führte man eine absurde doppelte Schutzaltersgrenze ein. „Ein Mann über achtzehn Jahre, der mit einem anderen Mann unter einundzwanzig Jahren Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt“, war nach der Neufassung des §175 eventuell gleichzeitig Täter und Opfer, machte sich aber in jedem Falle strafbar. Sterben für das Vaterland war ab 18 okay, aber über die eigene Sexualität zu bestimmen war es nicht.
Die weiterhin erhöhte Schutzaltersgrenze für schwulen Sex nach der zweiten Reform 1972 (nun bei 18 Jahren) wurde – unbeirrt von wissenschaftlichen Erkenntnissen – mit möglichen Schäden in der sexuellen Entwicklung begründet. Wenn Erwachsene schon pervers geworden und nicht mehr zu retten waren, dann sperrte man sie nicht mehr ein, aber man wollte doch verhindern, dass sie noch weitere arme Seelen mit ihrer Perversion vergifteten.
Erst 1994 strich der Bundestag den §175. Es war keine politische Überzeugungstat: Noch fünf Jahre zuvor hatten Union, FDP und SPD einen entsprechenden Gesetzentwurf der Grünen geschlossen abgelehnt. Wir verdanken diesen Schritt allein der notwendigen Rechtsangleichung nach der Wiedervereinigung. Die DDR hatte den entsprechenden §151 schon 1988 abgeschafft, und ihn auf deren ehemaligem Gebiet erneut einzuführen traute man sich dann doch nicht. Es gab keine feierlichen Worte, keine Medienwelle, keine Regierung, die sich stolz mit diesem Schritt brüstete oder sich für das erlittene Unrecht entschuldigte. Der Schandparagraf wurde – mit größtmöglicher zeitlicher Verzögerung übrigens – geräuschlos entsorgt. Allein in der Bundesrepublik hatte er zwischen 50.000 und 64.000 verurteilten Männern die Freiheit und oftmals die gesellschaftliche Existenz genommen; die Zahl der indirekten Opfer liegt unschätzbar höher.
Der letzte wegen einvernehmlichem schwulem Sex verurteilte Mann saß noch bis 2004 in Haft. Drei Gnadengesuche und mehrere Anträge auf vorzeitige Entlassung hatte die Justiz abgelehnt – selbst als der Straftatbestand, dessentwegen er inhaftiert worden war, längst nicht mehr existierte.
2001 bescherte uns die rot-grüne Koalition ein Sondergesetz, das aus fast nichts als Diskriminierungen bestand. Es wurde uns unter dem zynischen Titel „Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften“ serviert. Die zuständige SPD-Justiziministerin Däubler-Gmelin hatte zuvor offenbar der evangelischen Kirche versprochen, den Gesetzentwurf auf ein Minimum an Rechten zu reduzieren. Jedes kleinste Zugeständnis war ihr daraufhin in derartig erbitterten Kämpfen abgerungen worden, dass sie Manfred Bruns, einem der einflussreichsten Fürsprecher des Gesetzes, schließlich nicht einmal mehr die Hand geben mochte. Die „Anmeldung zur Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft“ auf der KFZ-Meldestelle wurde uns als Schritt zur Gleichstellung verkauft.
Die wesentlichsten Änderungen, die in den Folgejahren die Lebenspartnerschaft der Ehe immer weiter annäherten, waren bekanntlich keine politischen Entscheidungen, sondern wurden vor dem Verfassungsgericht gegen die erklärte Überzeugung der Regierung eingeklagt. Als 2015 sogar das katholisch geprägte Irland die Ehe öffnete, diskutierte Deutschland immer noch erregt darüber, ob man 23 von 54 noch bestehenden diskriminierenden Gesetzen so langsam mal angleichen könnte. Nicht etwa alle 54, denn wo kämen wir da hin? Offenbar an einen Ort, zu dem niemand ernsthaft wollte.
2002, man mag diese Zahl kaum hier hinschreiben, erfolgte die Rehabilitierung der in der NS-Zeit nach §175 verurteilten Männer durch die rot-grüne Regierung. Sie waren von allen vorherigen Regierungen aus den NS-Unrechtsaufhebungsgesetzen ausgeklammert worden.
Im Juni 2017 wurde endlich, selbstverständlich nach langem Ringen und gegen erhebliche Widerstände, auch die Rehabilitierung der Männer beschlossen, die in der Nachkriegszeit wegen §175 und §151 verurteilt worden waren. Die Entschädigungssummen sind lächerlich karg. Noch in letzter Minute gelang es der Union, eine Einschränkung einzubauen: Ausgenommen sind nun pauschal alle Verurteilten, deren damaliger Partner unter 16 Jahren war – entgegen der heterosexuellen Schutzaltersgrenze von 14 Jahren. Ausgerechnet in die Entschädigung für ein Unrecht, das seit jeher auch mit einer paranoid homophoben Auffassung von „Jugendschutz“ begründet worden war, wurde genau dieser Aspekt, die Andeutung des gefährlichen schwulen Kinderfickers, wieder auf eine schmuddelig-hinterfotzige Art hineingemengt. Die SPD spielte mit. Wegen der ekelhaften Finte der Union sollten nicht noch mehr Betroffene wegsterben, ohne die Umsetzung des Gesetzes erlebt zu haben. Es waren ohnehin schon zu viele.
* * *
Und jetzt das. Das deutsche Parlament beschließt die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Es ist ein großer und lange ersehnter Moment. Nur: Er fühlt sich nicht so richtig groß an. Die Gleichstellung im deutschen Eherecht erfolgt nicht als das Öffnen eines breiten Tores in eine gerechtere Welt für alle, sondern als kontrollierte Sprengung eines der Kanzlerin lästigen Wahlkampfthemas. Das Motto, überall nachzulesen, lautet nicht: „Dies ist ein historisches Ereignis!“, sondern, „Hoppla, wie sind wir da denn jetzt so plötzlich reingetorkelt?“ Eher ein „Huch“ als ein „Hurra“. Es ist ein bisschen wie ein vorzeitiger und vermurkster Orgasmus. Nicht direkt unangenehm, aber man hatte sich irgendwie doch etwas Schöneres vorgestellt.
In der Parlamentsdebatte gibt es ein paar verbale Beschwörungen von Historie, aber sie bleiben seltsam schal. Die Reden sind geprägt von Rechtfertigungen, warum jetzt überhaupt abgestimmt werden darf, von geschichtsklitterndem Eigenlob, von ärgerlichen Diskriminierungsleugnungen und von ein paar unsterblichen Evergreens der Homophobie. Ein bisschen zynische Verarsche darf nicht fehlen: Die Union streift sich plötzlich alles als wunderbare Toleranzleistung über, was sie selbst vor Kurzem noch als Sargnagel der gesellschaftlichen Ordnung verteufelt hatte. Und natürlich wird – irritierenderweise von allen Seiten – gefordert, dass wir auch den Abgeordneten, die sich in intensiven inneren Kämpfen zu der Ansicht durchgerungen hatten, Artikel drei des Grundgesetzes gelte eben nur für Heterosexuelle, Achtung und Respekt zollen sollen.
Vielleicht hatten wir einfach unangemessene Erwartungen, weil wir hofften, Deutschland wäre so wie andere Länder. Als vor ziemlich genau zwei Jahren der Supreme Court der USA über die Eheöffnung entschied, ließ Präsident Obama das Weiße Haus in Regenbogenfarben anstrahlen. Er sprach davon, wie sich in dieser Entscheidung das wichtigste Ideal der Verfassung verwirkliche und pries ein Land, das stolz auf seine Aktivist:innen sein könne. Das erste, was wir nach der Abstimmung im Bundestag erleben, ist eine Kanzlerin, die in der Reichstags-Caféteria der Presse erklärt, weshalb sie diese Entscheidung für falsch hält und, das deutet sie zumindest leise an, möglicherweise sogar für verfassungswidrig. Weniger Obama geht nicht.
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Die Geschichte unserer Rechte ist eine des ewigen „bis hierher und keinen Schritt weiter“, des „später vielleicht“, des „seid doch endlich mal zufrieden“, des „jein“ und des „ja, aber…“ Diese Geschichte hat am Freitag nicht geendet.
Die Ehe wurde geöffnet. Aber: Von Kanzlerin, Bundespräsident, Bundestagspräsident hören wir kein einziges positives Wort dazu. Aber: Vielleicht rennen doch noch irgendwelche missgünstigen Flitzepiepen vor das Verfassungsgericht. Jetzt schon gelingt es einigen schlechten Verlierer:innen, den Eindruck zu festigen, dass dieses Gesetz überhaupt nicht rechtmäßig zustande gekommen sei.
Einfach mal „ja“ sagen, klar und ganz ohne „aber“ – das ist immer noch zu viel verlangt, oder? Es müssen ja nicht gleich alle im Chor singen, und es ist ja auch nicht so, dass da gar keine:r wäre, der es sagt. Da sind ziemlich viele, und das ist schön. Nur: Ich hätte es halt auch gerne mal von den obersten Vertreter:innen unseres Staates gehört.
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Natürlich ist die Eheöffnung fast nur „Symbolpolitik“. Es stimmt, dass die rechtlichen Unterscheidungen zur Ehe weitestgehend ausgeräumt waren. Klar, das volle Adoptionsrecht ist nicht unwichtig, und es ist auch ein handfester juristischer Unterschied, ob man ein Sondergesetz hat, das jedes Mal getrennt behandelt werden muss. Aber das ist nicht wirklich das Wichtigste. Es geht hier um eine politische Geste. Wer in den letzten Tagen nicht die Augen verschlossen hat, hat es gesehen: Diese „Symbolpolitik“ ließ viele Menschen weinen, vor Freude, Erleichterung und aufgestauter Wut. Sie sorgte für schlaflose Nächte, unkonzentrierte Arbeit und Panikattacken. Haben sich Zigtausende von Menschen alle nur eingebildet, dass es hier um etwas Reales, Wichtiges geht?
Wenn man das Argument umdreht, sieht man vielleicht noch etwas klarer: Auch die exklusiv heterosexuelle Ehe war natürlich immer Symbolpolitik: Ein Symbol der Entwertung von Menschen, denen wegen ihrer angeblichen Verweigerung der „Keimzellen“-Bildung der Wert für diese Gesellschaft abgesprochen wurde. Ein Symbol für das Fortbestehen einer eigentlich überwunden geglaubten Gesellschaftsideologie, die den Wert der Bürger:innen nach den Kriterien eines Schweinezüchters festlegt. Ein Symbol für den großen Einfluss irrationaler, hauptsächlich religiöser Ideologie auf die Politik (rationale Argumente für die Ungleichbehandlung gab es ja nie). Auch die heteronormative Ehe war nicht nur ein Gesetz, sondern schon immer ein Symbol, nur eben kein wirklich positives.
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Ich weiß natürlich, dass mir niemand versprechen kann, dass die Zeit des „ja, aber…“, mit der die Gesellschaft meine Existenz bisher abgekanzelt und herabgewürdigt hat, nun vorbei sei. Das wäre völlig unrealistisch. Ich hätte mir aber gewünscht, dass wenigstens der Staat mir endlich einmal klar signalisiert, dass er selbst dabei ab sofort wirklich nicht mehr mitspielt. Ich habe nicht auf ein Gesetz gewartet, sondern auf ein Bekenntnis: Ein Ja ohne Aber von den höchsten Repräsentant:innen des Staates. Es wäre das erste Mal in der Geschichte dieses Landes gewesen. Ich habe es nicht vernommen.
Natürlich ist schon das Gesetz an sich ein wirksames und in keiner Weise zu unterschätzendes Signal. Manche Auswirkungen werden wir vielleicht erst ganz langsam zu spüren bekommen, wenn z.B. nun alle Kinder mit der Erfahrung aufwachsen, dass Schwule und Lesben wirklich heiraten können wie alle anderen auch. Und manche Effekte werden ziemlich schnell spürbar werden. Ich halte es nicht für übertrieben, wenn beispielsweise mein geschätzter Blogger-Kollege Johannes Kram schreibt, dass er sich schon jetzt plötzlich in einer anderen Position fühlt und beispielsweise auf die unveränderte Hetze homofeindlicher Mitmenschen ganz anders reagieren kann:
„Die Geschichte ist einen Schritt weiter gegangen, und sie haben sich entscheiden, diesen Schritt nicht mitzugehen. Jetzt kann ich ihnen helfen, wenn sie das wollen. Aber ich bin nicht mehr der, der hier infrage steht.“
Das Gesetz wird unser Lebensgefühl verändern und unsere Stellung in der Gesellschaft. Das ist schon mehr, als wir vor Kurzem noch erhoffen konnten. Wir haben die entscheidende Geste nicht von einer Regierung bekommen, sondern vom Parlament. Das ist ungewöhnlich, und damit müssen wir uns jetzt begnügen. Mit ein paar expliziten Worten von wirklich höchster Stelle wäre diese Geste aber noch greifbarer und persönlicher geworden.
Vielleicht erscheint es Einigen albern, dass ich eine offizielle Anerkennung des Staates erwarte. Eventuell steckt ja eine naive Projektion dahinter, die die fehlende Anerkennung der Eltern auf „Vater Staat“ verlagert (eine Minute Küchenpsychologie darf mal sein) und ein kitschiges „ich hab dich lieb, wie du bist“ an der falschen Stelle erhofft. Vielleicht sollten wir wirklich nicht wollen, dass Mutti schon wieder wen streichelt, und diesmal sind wir‘s. Möglicherweise müssen wir uns einfach klar machen, dass wir die bedingungslose Zustimmung unseres Staates auch in den nächsten Jahren nicht offiziell bescheinigt bekommen werden.
Aber ist es nach der Vorgeschichte, die unser Staat sich mit uns geleistet hat, nicht ein wenig nachvollziehbar, dass ich auf diese Geste warte? Einfach mal ein bedingungsloses Ja und ein Versprechen, dass es jetzt wirklich vorbei ist mit den hundert verdammten Abers? Eine tolle Chance dazu wurde am Freitag verpasst. Deutschland ist eben doch nur Deutschland. Und hat es vergeigt.
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Ein paar Grüne ließen am Freitag nach der Verkündung des Abstimmungsergebnisses buntes Glitzerkonfetti auf Volker Beck regnen, der seine Zeit als Abgeordneter mit dem größten Erfolg seiner Karriere beenden durfte. Auf einem anrührenden Foto schaut er glücklich nach oben in diesen Glitzerregen. Ich hoffe sehr, dass das Reinigungspersonal des Bundestages dieses Konfetti aufbewahrt hat und es dem Schwulen Museum* übergeben wird. Es war leider das einzige, was da im Bundestag wirklich richtig gefunkelt hat.
Ein ausgesprochen guter Kommentar, der das ausdrückt, was mir als schaler Beigeschmack im Kopf herumgeisterte. Mir haben dazu die Worte gefehlt. Jetzt hast Du sie gefunden, vielen Dank!
Danke, Stefan. Wie ich gerade dem Pressespiegel entnehmen muss, habe ich das Thema aber offenbar völlig falsch angefasst. Die wichtigsten Fragen sind natürlich „Nutzt es der Wirtschaft?“ und „Welche Accessoires muss ich jetzt kaufen?“
Lieber Zaunfink, ich habe deine Brandrede gerade mit sehr viel Wonne und heftigem Kopfnicken gelesen, und mir dabei gewünscht, einer der Abgeordneten hätte eine solche Rede bei der Ausprache gehalten. Ich selbst konnte bei dem christlich (ähm heißt das nicht, die haben sich der Nächstenliebe verpflichtet? hmmm – aber was weiss ich schon als einfacher Schwuler davon?) demokratischen Geschwurfel gar nicht so viel fressen, wie ich …. wollte. Ich zolle keinem Respekt oder Anerkennung der mir Menschenrechte vorenthält, zumal die Argumente aus einem Wertekontext stammen, der über 2000 Jahre alt ist. Die Welt hat sich inzwischen Gottseidank weiterentwickelt. Ich mag auch nicht, dass dieser Trauschein in den letzten Jahren als der lesbischwule Gral hochgehalten wurde, denn auch mit dem Trauschein gehen Diskriminierung und Gewalt gegen uns weiter. ABER, wenn man mit Argumenten aus Werten von vor 2000 Jahren, die man aus einem alten Schinken entnimmt, meint mir Menschenrechte vorzuenthalten finde ich das nicht wirklich lustig.
Mit Ruhm haben sich meiner Meinung nach keine der handelnden Parteien im Bundestag bekleckert. Ich finde es eher ironisch, wie dieses Gesetz zustande gekommen ist, und so richtig gefreut habe ich mich, vielleicht auch gerade deshalb, nicht so wirklich.
Versöhnt mit der ganzen Sache hat mich dann eher eine alte Dame (ich denke sie ist schon über 80 Jahre alt) aus meinem kleinen Dorf. Ich stand am nächsten Tag in der örtlichen Postfiliale, die von einem lesbischen Päarchen geführt wird, und habe mich über dieses Thema unterhalten. Über dieses Gespräch kam die alte Dame hinzu, hörte sich unser Gespräch an und sagte dann: „Ich war doch gestern über diese Abstimmung irritiert. Ich war der Ansicht, dass ihr (gemeint war die Ladeninhaberin) schon heiraten dürft. Ich habe dann meinen Mann gefragt, und er war auch der Ansicht, dass das schon so ist.“ Als wir das dann verneint und sie dann aufgeklärt haben, ging sie zu einem Grußkartenständer holte eine Hochzeitskarte, legte sie auf den Tresen und sagte: „Also wenn du dann heiratest werde ich dir die Karte schicken. Leider bin ich schon so alt, sonst wäre ich auch auf die Hochzeitsfeier gekommen.“ Bezahlte und ging lachend aus dem Laden.
Ehrlich wir beide standen da etwas sprachlos und waren uns dann einig, dass kommt auf jedenfall in die Sammlung der schönen Begegnungen in unserem Leben….so einfach kann es manchmal dann doch sein.
Danke, Michael. Ich denke, solche herzlichen Begegnungen und Reaktionen werden irgendwann auch meinen Ärger einfach übertönen. Ich hoffe es jedenfalls. Ein bisschen Restärger werde ich mir aber trotzdem aufbewahren, versprochen. :-)
Danke – und sei dafür umarmt…ich werde in den nächsten Tagen auch noch darüber schreiben weswegen ich in den Jubel nicht einstimmen kann – es wird nicht so vernüftig und klug, sondern emotinal und traurig werden….
Ich bin auf deine Meinung schon neugierig, lieber Wolfgang.
Übrigens ist es nicht so, dass ich mich gar nicht freue. Ich glaube, dass das ein wichtiger und großer Schritt ist, der auch denen indirekt nutzen wird, die selber nicht heiraten wollen. Und natürlich freue ich mich für alle, die von ihrem neuen Recht Gebrauch machen werden. Enttäuscht bin ich vor allem vom Hergang dieses Schrittes und von den vielen dummen Reden drumherum.
Eine spannende Frage wird nun sein, was dieser Erfolg mit unseren Bewegung/en machen wird. Plumpsen sie in sich zusammen, wie das schon manche prophezeien, oder rutschen endlich die anderen Themen weiter nach vorne?
In anderen Ländern, die die Eheöffnung schon haben, glaube ich zu erkennen, dass das nächste „große Ding“ trans Rechte sind. Ich hätte nicht das Geringste dagegen, wenn das hier auch so wäre.
Eure Meinung dazu würde mich interessieren.
Ich würde es sehr begrüßen, wenn trans (und inter!) -Rechte jetzt stärker in den Fokus genommen würden.
Ohne dass ich das mit harten Fakten belegen könnte habe ich eine Vermutung, dass z.B. das ewige Verschleppen der TSG-Reform viel mit der absurden Angst vor einer schleichenden Aufweichung des traditionellen Ehe-/Familienbegriffs zu tun hat.
Seit weder der Paragraf zur Zwangsscheidung noch der Zwang zur Sterilisation von trans Personen angewendet werden dürfen, haben wir ja de facto schon Fälle, wo durch Personenstandsänderung nach TSG gleichgeschlechtliche Ehen entstanden sind in denen auch Kinder geboren werden (können). Die strenge Regulierung und staatlich getrieben Pathologisierung von trans Personen (z.B. über die erzwungene psychologische Begutachtung) dient meiner Meinung nach auch dazu, hier nicht zu viele Präzedenzfälle schaffen zu wollen.
Umgekehrt könnte es aber eben bedeuten, dass mit der Eheöffnung dieser Grund des Verschleppens ausgeräumt ist. Ist wie gesagt alles eher Bauchgefühl…aber das zählt ja heutzutage auch ;-).
Ein interessanter Gedanke, Tomi. Ich hatte immer vermutet, dass es bei den ganzen irrationalen trans-Schikanen vor allem um die Panik geht, dass sich die „Geschlechtergrenzen“ als so willkürlich entlarven könnten. wie sie nun einmal sind. Vielleicht hast du Recht, wenn du vermutest, dass da auch das Phantom der „Familienzerstörung“ drinsteckt. Wir werden ja sehen, ob und wie sich diese Debatten nun verschieben werden.
Es sind wahrscheinlich alles so Puzzelteile, die irgendwie zusammengehören – letztlich geht es immer darum traditionelle und als “natürlich” normalisierte (Geschlechter-)Beziehungen und Rollen zu verteidigen.
Aber ich finde dieses “Ihr dürft nicht verheiratet bleiben und Kinder dürft ihr auch nicht mehr bekommen” das ja im TSG immer noch drinsteht schon sehr bezeichnend, weil es ja an den Kern dessen geht was in der konservativen Deutung Familie ausmacht. Darüber könnte ich mich stundenlang in Rage schreiben ;).
„Ihr dürft nicht verheiratet bleiben und Kinder dürft ihr auch nicht mehr bekommen“
Ein starkes Indiz für deine These, gar kein Zweifel…
“Ihr dürft nicht verheiratet bleiben”
Wo war denn da eigentlich der besondere Schutz für die Ehe? Oder wo ist der besondere Schutz, wenn Familien von Geflüchteten nicht nachkommen dürfen? Die Unionsparteien pimmeln sich immer einen ab auf diesen Artikel – aber handeln tun sie nicht danach.
Es ist wirklich ärgerlich und verlogen, Karl. Der Schutz der Ehe war nicht zuletzt in unser Grundgesetz geschrieben worden, um zu verhindern, dass der deutsche Staat abermals auf die Idee kommen könnte, politisch missliebige Ehen zu verhindern oder sogar zu zerstören. Deswegen steht da „Schutz“ und nicht „Förderung“ oder „Privilegierung“, wie uns immer vorgelogen wird. Es sollte nicht die Institution Ehe vor ehewilligen Menschen geschützt werden, sondern verheiratete Menschen vor staatlicher Willkür. Das Transsexuellengesetz trat diesen Gedanken einfach mal in die Tonne. Auch hier verdanken wir es nur dem BVerfG, dass der eigentliche Grundgedanke durchgesetzt werden konnte, wenn auch verdammt spät.
Hey fink,
(vorab: Wieder mal ein toller Artikel, danke!)
ich wollte hier kurz einhaken. In der Tat denke ich, dass die “Auflösung der Geschlechtergrenzen” erst eine sehr junge Befürchtung ist, gerade jetzt, wo man sich fürchtet, dass “dieses ‘Gender’ um sich greift”. In den Siebzigern war das noch nicht etwas, wovor sich die Gesellschaft gefürchtet hat (wenn man die Folgen der 68er noch im Kopf hat, eigentlich ironisch, wenn man vergleicht wie damals der Geschlechtsausdruck teils verwischt wurde – da fragt man sich doch manchmal, wieso das heute eher Thema ist als damals).
Aber ok, zurück zum Thema. Wenn man sich die politischen Debatten im Vorfeld der Schaffuns des TSG ansieht, dann kommt doch einiges zutage – teile davon kann man mit etwas Mühe heute noch ergooglen.
Kurz vorab noch: Es sollte bekannt sein, dass das TSG in kürzester Zeit entstand, nachdem das BVerfG die Verweigerung der Möglichkeit der Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag unter bestimmten Vorraussetzungen für grundgesetzwidrig erklärt hatten. http://www.jstor.org/stable/20814070 (nach fast einem Jahrzehnt Klageweg)
Es dürften hier auffallen, wie teilweise die Argumentationsebene sich in 30 Jahren kaum verändert hat und zum anderen natürlich wie erschreckend nah das TSG im Anschluß an der “roten Linie” gebaut ist, also an Dingen, die das BVerfG in ihrer Begründung heranzieht.
Wie so oft hat die BuReg gefürchtet, dass das Urteil “die Runde” machen könnte und in weiteren Klagen Individuen auf Basis dieses Urteils weiter ihre Vorstellungen von Zivilisation aushöhlen könnten und haben es in einen festes, maximal restriktives Verfahren eingegossen – das TSG.
In den Diskussionen dazu ist bemerkenswert, dass einige der Paragraphen mit dem damals gültigen §175 verargumentiert wurden. Unter anderem der Gedanke, dass Menschen nach der Änderung miteinander legal “homosexuelle Handlungen” durchführen könnten. Hieraus ergab sich die Forderung, dass als Vorraussetzung für die Personenstandsänderung, sich “einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hat, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist.” – was natürlich so auszulegen sein sollte, dass der Penis entfernt wurde. (Anm. bei Transmännern hingegen wurde nicht auf einem Penisaufbau bestanden)
Weiterhin schien der Gedanke ungeheuerlich, dass Kinder mit zwei Eltern gleichen Geschlechts existieren könnten (zumindest bist zum Zeitpunkt der Gerburt). Hier wurden zwei Hürden eingebaut: Zum einen wurde die Möglichkeit der Zeugung gleich ganz ausgeschlossen, indem man die dauerhafte Fortpflanzungsfähigkeit festgezurrt hat – zum anderen, indem man die ganze Änderung rückgängig gemacht hat, sollte innerhalb von 300 Tagen (also 9 Monate plus Sicherheitspuffer) ein Kind auf die Welt kommen.
Oh, natürlich – und bestehende Ehen wurden natürlich auch zwangsaufgelöst.
Aus meiner Sicht waren die wesentlichen Säulen des TSG:
– Irrsinnig hohe Hürden, die nur wahnhaft Geisteskranke und möglichst wenige unrettbare Menschen überwinden können
– Bestmögliche Unsichtbarkeitmachung des Vorgangs (§5 war mit Sicherheit in seiner ursprünglichen Intention nicht als Diskriminierungsschutz gedacht)
– Homophobie (und zwar im Sinne von §175 nur wieder gemünzt auf vermeintliche kranke “Männer” – also Transfrauen. Transmänner hatte man nicht wirklich auf dem Schirm)
– Psychopathologisierung
– eugenische Gedanken
Achja, und weil die Politik ja Altersgrenzen so liebt. Die ursprüngliche Altersgrenze lag bei 25.
Mir wird klar, dass ich in meiner bisherigen Sicht dieses Gesetzes wohl tatsächlich z.T. neuere Debatten fälschlich in die Vergangenheit projiziert habe. Vielen Dank für diese Infos und Ergänzungen, Jana!
Ich kann Dir da nur zustimmen! Ich schau, dass ich ein paar Links setzen kann.
Danke, gerne!
Großartiger Text und so wahr! Auch ich hatte Freitag ein lachendes und ein weinendes Auge. Vor allem also ich wieder negative Facebooknachrichten (“Ja, aber”) lesen musste. Erst als ich auf dem Dach einer Hamburger Privatschule eine Regenbogenfahne wehen sah, hat sich mein Herz mit hoffnungsvoller Freude gefüllt.
:-)
Mit Spannung habe ich die Debatte erwartet, dann verfolgt und war verblüfft und erfreut vom Ergebnis. klar, es gab wieder die üblichen “Argumentationen” (ich kenne leider keinen passenden Begriff für gequirlten Dung aus Mündern, aber lassen wir das), über die ich nur den Kopf schütteln konnte.
Ja.
Aber!
Aber wir haben gewonnen.
Für eine buntere, lebendigere, gerechtere Zukunft- egal, wie peinlich der Weg war, den unsere Regierung entlangstolpert…
Ein ganz toller Beitrag, der bestimmt das Empfinden vieler Menschen in Worte fasst. Die Öffnung der Ehe ist so ein wichtiger gesellschaftlicher Schritt…wie schade, dass das “Wie” so verkackt wurde und das “Was” überschattet.
“Die Geschichte unserer Rechte ist eine des ewigen „bis hierher und keinen Schritt weiter“, des „später vielleicht“, des „seid doch endlich mal zufrieden“, des „jein“ und des „ja, aber…“ Diese Geschichte hat am Freitag nicht geendet.”
Richtig, und für mich persönlich bedeutet das: ich “darf” als zweite Mutter trotzdem eine Stiefkindadpotion unseres Kindes durchführen. Automatische Elternschaft durch Ehe (wie bei Heteros)? Fehlanzeige!
Am Ende muss doch jeder Krümel des Kuchens einzeln erkämpft werden….
„Am Ende muss doch jeder Krümel des Kuchens einzeln erkämpft werden….“
Tja, so sieht es aus.
Interessant finde ich ja, dass genau in diesem Moment mal wieder eine Debatte darüber ausbricht, ob man nicht mal ein anderes Rezept ausprobieren sollte, statt den alten Kuchen nur anders zu verteilen. Ich habe lange nicht so oft von der Abschaffung der Ehe gelesen wie in den letzten Tagen.
Hallo Zaunfink,
weißt du, was ich mich frage? Warum erfährt man von diesen Sachen nicht in der Schule? Das fängt schon an bei den Nazis, man lernt immer nur, dass die Juden ermordet wurden, nur in einem Nebensatz werden dann die restlichen Opfergruppen erwähnt (Zigeuner (O-Ton) und Homosexuelle). Aber es bleibt ungreifbar, was homosexuelle Männern, und es waren ja nur Männer, oder?, erlitten haben, es wird selten thematisiert. Wirklich traurig.
Und du hast recht, dieses Rumgedruckse und kein freudiges Statement der Regierung, traurig.
Um ehrlich zu sein ist mein persönlicher Standpunkt eher “Ehe für Niemand”, weil ich diesen Vertragscharakter nicht mag und nie verstanden habe, warum sich die Gesetzgebung da überhaupt einzumischen hat. Aber damit steh ich ziemlich allein auf weiter Flur und wenn es die Ehe schon gibt, dann soll sie auch jeder eingehen dürfen. Interessant, wie du im Kommentar über mir schreibst, dass jetzt die Stimmen vermehrt von der Abschaffung der Ehe sprechen. Da wird es aber nie zu kommen, prophezeie ich.
Ich hab diesen Beitrag auf meiner Wanderung durch die Welt der Bücherblogs verlinkt.
Grüße
Daniela
„Warum erfährt man von diesen Sachen nicht in der Schule?“
Ich glaube, von Weizsäcker war der erste Staatsvertreter, der Homosexuelle als Opfergruppe der Nazis öffentlich erwähnte: vierzig Jahre (!) nach Kriegsende. In den KZ-Gedenkstätten brauchte es jahrzehntelange Kämpfe, um diese Opfergruppe irgendwie in deren Konzepten auftauchen zu lassen. Es gab sehr lange überhaupt keine Lobby dafür, die Leiden dieser Gruppe anzuerkennen. Dieses Schicksal teilen Homosexuelle übrigens mit den Menschen, die als angeblich „Schwachsinnige“ misshandelt und ermordet wurden: Da blieben selten Angehörigen übrig, die für ein würdiges Gedenken ihrer Toten sorgten, sondern oftmals Familien, die sich für diese Toten auch noch schämten und sie verschwiegen. Auch da hatte sich das Tabu an sich mit dem Ende der Naziherrschaft noch lange nicht aufgelöst.
Was die Schulen angeht, so erleben wir ja gerade, wie leicht es heute noch skandalisierbar ist, Kinder und Jugendliche überhaupt mit dem Thema Homosexualität zu konfrontieren. Da lebt relativ unverhohlen die Idee weiter, das sei irgendwie gefährlich für deren Entwicklung.
Generell muss es halt für jede Veränderung einen Haufen von Leuten geben, die diese Veränderung nicht nur irgendwie theoretisch okay finden, sondern die auch dafür aktiv werden, und zwar ziemlich hartnäckig. Da Homophobie immer noch sehr tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist, ist das alles immer noch ein Kampf weniger Engagierter gegen eine gleichgültige, ignorante oder ablehnende Mehrheit. Leider muss ich das so sagen, denn eine andere Erklärung fällt mir nicht ein.
Danke für deinen Kommentar und die Verlinkung!
„Um ehrlich zu sein ist mein persönlicher Standpunkt eher ‚Ehe für Niemand'“
Es gibt einen Haufen gute Argumente gegen die Ehe in der heutigen Form. Ein bisschen komisch finde ich es, dass diese Argumente ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt wieder ins Spiel gebracht werden, als hätte es dafür nicht schon immer Anlass gegeben.
Ich hatte ja anderswo schon angedeutet, dass mir dieser Bohei um die Ehe und die damit verbundenen Ideale eher unheimlich ist, aber für mich sticht hier die Bedeutung der rechtlichen Gleichbehandlung als gesellschaftliche Geste diese Bedenken. Meine Hoffnung ist, dass diese Eheverherrlichung nun abgehakt werden kann und wir uns verstärkt den anderen Themen zuwenden können – gesamtgesellschaftlich endlich einem modernisierten Familienrecht, das die Ehe endlich als zentrales Ideal in die Tonne tritt und bewegungsstrategisch all den wichtigen Dingen, die ja auch immer noch in der Pipeline stecken.
Lieber Zaunfink – ich hatte ja auch was zur „Ehe“ versprochen…aber es zog sich und wurde immer länger, weshalb ich es in drei Teile splitten mußte… Hier ist Teil Eins:
https://diekolumnisten.de/2017/07/25/entfremdung-von-der-freude-der-freude-ein-fremdling/
Sehr lesenswert, lieber Wolfgang, danke für den Link!
Ein sehr lesenswerter Text, dem ich viel abgewinnen kann, allerdings muss ich in einem Punkt doch sehr entschieden widersprechen: Du schreibst, die Anerkennung sei nur durch das Parlament erfolgt, nicht aber durch die Regierung und das sei irgendwie zweitklassig. Umgekehrt ist es aber richtig: Das Parlament als unmittelbar demokratisch legitimiertes Organ allein kann den eigentlichen symbolischen Akt leisten, weil es die “erste Gewalt” im Staat ist. Nur der Bundestag hat die Macht, Art. 6 GG so zu interpretieren, wie er es getan hat. Das kann und soll keine Regierung, die dazu gar nicht das Mandat hat. Dass abgesehen davon das Gehampel der Bundeskanzlerin völlig überflüssig war, ist natürlich auch richtig.
Natürlich hast du Recht, lieber Fataliso, dass Gesetze grundsätzlich nicht von der Regierung selbst in Kraft gesetzt werden, sondern vom Parlament. Vielleicht kann man der Tatsache, dass dieses Gesetz sozusagen von einer Mischung aus Regierung (SPD) und Opposition verabschiedet wurde, auch einen gewissen Charme abgewinnen. Für mich bleibt der Nachgeschmack hängen, dass es keine offizielle Wertschätzung auf Regierungs- und Staatsebene gab.
Auch wenn das nur ein NEbensatz war: heute ist sterben fürs Vaterland (oder wofür immer Söldner gerne sterben wollen) sogar schon unter 18 eine Option, die werben aktiv um Minderjährige.
Ich stamme aus einer Zeit, in der sowohl diese sogenannte Wiederbewaffnung selbstverständlich war (ganz interessant, man tat gerne so, als sei man ja einer gewissen VOrläuferstaatlichkeit nicht weiter verpflichtet, aber man durfte sich endlich WIEDERbewaffnen!) als auch die gesetzlich normierte und gesellschaftliche Verfolgung aller sexuellen Abweichungen, gerade auch der Schwulen, einfach nur normal war. Dass das anders gesehen werden könnte war seinerzeit auf dem Schulhof (ist das heute wirklich anders??) und auch sonst undenkbar. So gestehe ich, ich tat mir hier selbst schwer mit dem Lernen und Sehen und endlich Akzeptieren. ZWei Dinge halfen dabei: einmal die persönliche BEkanntschaft mit nicht – hetero – MEnschen und, denn alles braucht einen theoretischen Überbau, die sich ebenfalls etwas schwerfällig öffnenden -logien. Die Medizin wurde etwas offenherziger und, im VErbund, lernte die Biologie nicht nur einfach schwule Tierchen kennen, sondern konnte belegen, dass dieses xy – Ding ja keine Selbstverständlichkeit ist, sondern praktisch jede Variante auf einem fast beliebigen Kontinuum vorkommen kann. Ungefähr gleich schwierig war es zu lernen, dass das Ding namens Sex schon zwischen Männern und Frauen – was ja schon damals eine an sich akzeptierte Sache gewesen sein sollte – derart gesellschaftlich überformt verzerrt wurde, dass es zumindest den Frauen in den seltensten Fällen spaßig vorkam. Was ebenfalls bis heute nachwirkt (nicht nur bei den Orgasmus – Statistiken).
Ich denke einfach, dass wir alle noch einen weiten Weg vor uns haben bis zu einer tatsächlichen Akzeptanz des anderen Menschen, ohne ihn all zu sehr in eine (gerade auch sexuelle) Schublade zu pressen. Und dazu hat uns das eine ordentliche LEiterstufe weitergebracht.
Jetzt muß es nur noch in der Gesellschaft ankommen. Und es ist noch ein weiter Weg bis auf den Schulhof oder gar an die Stammtische.
Soeben, drei Jahre nach obigem Artikel, entnehme ich dem Nollendorfblog, dass das Grünen-Team um Ulle Schwauws, das die Konfettibomben-Aktion geplant und durchgeführt hatte, damals die glitzernden Konfetti-Schnipsel vom Plenarsaalboden aufgesammelt hat. Sie sollen tatsächlich dem Schwulen Museum* übergeben werden. Das freut mich sehr!