Fremd- und Selbstaufklärung. Zwei Gedanken zu Rassismus und Queerfeindlichkeit

Wer Augen und Ohren aufmacht, kann derzeit einiges über Rassismus lernen. Darüber bin ich sehr froh und hoffe, dass die kollektive Aufmerksamkeit nicht wieder so ein Strohfeuer bleibt. Mir wird gerade bewusster denn je, wie komplex dieses Thema ist und wie viele Lebensbereiche es durchdringt, bei denen mir das noch nicht so klar war.

Oft ertappe ich mich dabei, das Gehörte unter der Fragestellung zu filtern, welche Parallelen und welche Unterschiede es eigentlich zwischen Rassismus und Queerfeindlichkeit gibt (die erwähnte Vieldimensionalität wäre schon mal eine der Parallelen). Daraus könnte ein ganzes Buch werden, aber ich möchte mich hier auf zwei eher willkürlich ausgewählte Aspekte konzentrieren, die mir relativ aktuell auffallen und die beide mit der Frage der Aufklärungsarbeit verbunden sind.

1.

„The Talk“

In den Schwarzen Communities der USA gibt es, wie ich jetzt erst gelernt habe, eine Tradition mit der Bezeichnung „the Talk“, also „das Gespräch“. Es ist ein Aufklärungsgespräch zwischen Eltern und Kindern, aber es geht nicht um Sexualaufklärung, sondern darum, ein Schwarzes Kind schon ab etwa sechs Jahren auf das Leben in einer rassistischen Gesellschaft vorzubereiten. Eltern erklären ihren Kindern, warum sie immer wieder als „anders“ angesehen und behandelt werden, dass sie ein Vielfaches leisten müssen, um dasselbe zu erreichen wie Weiße, und welche Ungerechtigkeiten sonst noch in der Welt auf sie warten. Man bringt ihnen bei, gegenüber Autoritätspersonen besonders höflich und respektvoll zu sein, weil sonst Gefahr für das eigene Wohlergehen oder sogar für Leib und Leben besteht. Schon kleine Kinder lernen, der Polizei gegenüber nicht nur ihren Namen und ihr Alter anzugeben, sondern auch unaufgefordert darauf hinzuweisen, dass sie nicht bewaffnet seien und nichts Kriminelles im Schilde führten. Sie verstehen dabei gleichzeitig, dass man ihnen jederzeit beides unterstellen wird.

„The Talk“ ist eine kulturelle Reaktion auf ein kollektives Leben unter dem Vorzeichen des Rassismus. Diese Tradition ermöglicht es, Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen zu besprechen, den Nachwuchs auf solche Erfahrungen vorzubereiten und sie nach Möglichkeit gemeinsam zu verarbeiten. Ein eindrückliches und lesenswertes Beispiel dafür, wie diese Tradition gelegentlich auch literarische Form findet, ist der Brief, den der Autor James Baldwin 1962 an seinen damals 14-jährigen Neffen schrieb. [1]

Auch für Kinder z.B. jüdischer oder migrantisierter Eltern gilt: Diskriminierungserfahrungen haben sich kulturell niedergeschlagen, und ein gemeinsamer Erfahrungspool kann innerhalb der Familien weitergegeben werden. Idealerweise stoßen Kinder, die außerhalb der Familie Diskriminierungen erleben, zumindest bei ihren Eltern und Geschwistern auf Verständnis und Unterstützung.

Für queere Kinder ist die Situation eine völlig andere. Von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen gibt es für sie nicht „the Talk“. Es gibt keine Familientraditionen, um diese Kinder auf ihr Leben in einer queerfeindlichen Welt vorzubereiten. Die Eltern queerer Kinder haben in aller Regel keinerlei eigene Erfahrungen mit Queersein oder queerfeindlichen Diskriminierungen. Sie können nicht ahnen, welche Erfahrungen ihre Kinder erwarten, und sie haben noch viel seltener die gesellschaftlichen Mechanismen reflektiert, die da am Werke sind. Sie können keine konkreten Vorbilder sein und auch meistens nicht auf andere Vorbilder hinweisen. Sie haben keine theoretischen Grundlagen zur Analyse und Bewältigung eines marginalisierten Lebens parat. Noch viel schlimmer: Ziemlich oft sind Eltern, Geschwister und/oder andere Verwandte selbst Teil der queerfeindlichen Welt, vor der sie ihre Kinder eigentlich beschützen sollten, sei es bewusst oder unbewusst. [2]

Statt mit Kompetenz und Unterstützung müssen queere Kinder in ihren eigenen Familien in aller Regel mit Unwissen, Hilflosigkeit, Unverständnis, Ablehnung oder sogar Gewalt rechnen. Sie zögern – oft aus gutem Grund – sehr lange, sich in der verletzlichen Phase des Coming-Out an Familienmitglieder zu wenden, und wenn sie es tun, müssen sie sich darauf gefasst machen, mehr dumme Fragen als kluge Antworten zu hören. Sie finden niemanden vor, der den gleichen Weg vor ihnen gegangen ist.

Eltern, in deren Familie so ein queeres Kuckuckskind aufgetaucht ist, kommen leider selten auf die Idee, sich wenigstens ab diesem Zeitpunkt thematisch aktiv einzuarbeiten, um ihre Kinder besser verstehen und unterstützen zu können. Ich dürfte nicht der einzige schwule Sohn sein, dessen eigens geschenktes Homo-Aufklärungsbuch wie in einem schwarzen Loch verschwand und nie wieder thematisiert wurde. Eltern queerer Kinder werden deshalb auch nach deren Coming-Out selten kompetente Unterstützer*innen. Häufig verweigern sie es, die Verantwortung für das queere Leben ihres Kindes mit zu übernehmen und sich dafür entsprechend emotional und intellektuell zu wappnen. Sie vermeiden das ganze Thema aus Scham oder halten eine aktive Selbstaufklärung zumindest nicht für notwendig.

Während geteilte außerfamiliäre Diskriminierungserfahrungen anderswo oftmals dazu führen, Familienmitglieder umso enger zusammenzubringen, führen die einsamen Diskriminierungen, die queere Kinder und Jugendliche innerhalb ihrer Familien erfahren, häufig zum Gegenteil. Bis heute sind dramatisch viele queere Biografien von familiären Brüchen geprägt statt von Solidaritätserfahrungen. Viele queere Menschen finden ihren Weg nicht mit der Familie, sondern trotz der Familie – und allzu oft ohne sie.

The anwers you seek will never be found at home

Was ist die Konsequenz aus dieser Situation? Wir queeren Menschen müssen Aufklärung und Bestärkung außerhalb der Familien organisieren. Der queere Nachwuchs muss die Vorbilder, die intellektuelle Kompetenz und die emotionale Unterstützung, die er braucht, um das Leben in einer queerfeindlichen Welt zu meistern, in einer anderen Gemeinschaft als der Familie vorfinden. Erfahrene Menschen müssen den weniger erfahrenen [3] Strukturen zur Verfügung stellen, in denen die eklatante familiäre Verantwortungslücke ausgeglichen wird. Jene müssen diesen einen Zugang zum jeweiligen subkulturellen Wissenspool, zum Verständnis der eigenen Situation und zu konkreten Handlungsstrategien ermöglichen.

Die immer beliebter werdende Handlungsstrategie der Differenzleugnung möchte ich dabei ausdrücklich nicht empfehlen. Die in unseren Bewegungen oft irrlichternde Vorstellung, gar nicht „anders“ zu sein und deswegen weder spezielle Kompetenzen noch Strategien für den Umgang mit Diskriminierungen, noch Coming-Outs, noch eigene Räume, noch so etwas wie CSDs zu benötigen, hat meiner Beobachtung nach bereits genug Schaden angerichtet. [→ Es gibt keine Emanzipation in Schlumpfhausen]

Im Gegensatz zu den subkulturellen Infrastrukturen beispielsweise Schwarzer oder jüdischer Menschen sind queere Räume deswegen oft solche, die man nicht mit den Eltern gemeinsam betritt, sondern explizit ohne diese, oft sogar gegen deren Willen oder ohne deren Wissen. Diese Räume müssen familiäre Funktionen von Geborgenheit und Angenommensein nicht nur ergänzen, sondern oft komplett ersetzen. Die Aufklärung darüber, wie die Welt aussieht, welchen Platz man darin einnehmen kann usw. geschieht hier oft nicht ergänzend zu den ideologischen Vorgaben aus der Herkunftsfamilie, sondern muss deren ideologische Prägungen oft erst einmal beseitigen und durch gegenteilige ersetzen. Queere Sozialisation ist zumindest in Teilen häufig anti-familiär, zumindest aber außer-familiär. Das ist ein riesiger Unterschied zu einer Schwarzen Sozialisation. Queere Communities sind daher, zumindest, was einige ihrer Funktionen angeht, Ersatz-Familien.

Diese Sondersituation ist einer der Faktoren, die unter anderem junge queere Menschen während der derzeitigen epidemiologisch sinnvollen Beschränkungen auf eine spezielle Weise verletzlich machen. Das erzwungene Zurückgeworfensein auf die Herkunftsfamilie und die Isolation von außerfamiliären Räumen erschwert massiv die Nutzung der gewohnten Aufklärungs- und Empowerment-Strukturen. Nicht jeder Mensch verfügt über die technische Ausstattung und die nötige häusliche Privatsphäre, um die Online- und Telefon-Angebote zu nutzen, die queere Organisationen derzeit als ohnehin schon notdürftigen Ersatz für die physischen Räume anbieten. Gleichzeitig droht eine erhöhte Auslieferung an innerfamiliäre Gewalt. Ein Zusammenbruch der Hilfsangebote in der derzeitigen Krise hätte auch für die post-coronale Zeit schreckliche Folgen.

2.

No more doggy bags!

Vor ein paar Monaten erlebte ich bei einer Buchvorstellung der Schwarzen Feministin Natasha A. Kelly einen inspirierenden Moment. Eine weiße Zuhörerin wollte von der Autorin wissen, was sie denn am besten gegen Rassismus tun könne. Statt mit der vermutlich erwarteten Dankbarkeit für die demonstrierte Solidaritätsabsicht reagierte Kelly mit einem erfrischenden verbalen Tritt vor’s Schienbein: Sie werde das immer von Weißen gefragt und sei es einfach leid, am Ende ihrer Vorträge antirassistische doggy bags [4] mit netten kleinen Tips zu packen, die die Leute dann bequem nach Hause tragen könnten. Wer sich als weiße Person gegen Rassismus engagieren wolle, solle einfach anfangen, zu arbeiten. Es gelte, die eigene Rolle als rassistisch geprägte Person zu erkennen, von Rassismus betroffenen Menschen zuzuhören, deren Erfahrungen endlich ernst zu nehmen und entsprechende Fachliteratur zu lesen. Sie habe auch keine Lust mehr, wohlmeinenden Weißen, die in antirassistische Gruppen hineingestolpert kämen, erst einmal die Grundlagen der Rassismustheorie erklären zu müssen, bis man Wochen später endlich einigermaßen auf Augenhöhe arbeiten könne. Das Wissen sei überall verfügbar, man müsse es sich nur eben aneignen.

Seit diesem erhellenden Moment habe ich inzwischen überraschend oft dieselbe Botschaft gehört und gelesen, und zwar immer von Schwarzen bzw. People of Colour. Zusammengefasst lautete sie stets: Wartet nicht darauf, dass Schwarze Menschen euch Weiße über Rassismus und Antirassismus aufklären; das müsst ihr selbst in die Hand nehmen. Stehlt uns nicht die Zeit und die Energie, die wir wirklich für Anderes brauchen. Begreift, wo ihr Teil des Problems seid, denn sehr wahrscheinlich seid ihr es. Es ist eure Aufgabe, das zu ändern, nicht unsere. Ihr habt – im Gegensatz zu uns – das Privileg, nicht über Rassismus nachdenken zu müssen, aber ihr solltet es trotzdem tun. Mag sein, dass unser Bildungssystem eigenes Nachdenken und Forschen immer weniger fördert, aber die Möglichkeiten dafür sind so gut wie nie zuvor in der Geschichte. Ihr habt Bibliotheken und Internetzugang: Schaut euch da um. Das alles kostet Zeit und wird keinen Spaß machen, denn ihr werdet auch über euch selbst nachdenken müssen statt nur über andere. Rassismus betrifft uns alle, und er macht auch mit euch etwas. Wir sind es leid, euer Unwissen immer noch zu entschuldigen.

Ich muss wohl nicht näher erklären, dass sich diese Botschaft sehr leicht auf das Thema Queerfeindlichkeit/en übertragen lässt. Ich glaube, die Energie dieser Botschaft könnte auch unseren eigenen aktivistischen Debatten ganz gut tun.

Der Gedanke, dass die Aufklärung nicht-queerer Menschen unsere Aufgabe sei, prägt seit Anbeginn in hohem Maße unsere verschiedenen aktivistischen Bestrebungen. Ich selbst habe an anderer Stelle dafür plädiert, dass diejenigen von uns, die das können und wollen, beispielsweise in ihren Familien queere Aufklärungsarbeit leisten. Das kann immer noch richtig sein, es wird aber dann problematisch, wenn wir es mit der Grundannahme verknüpfen, dass die Verantwortung für diese Aufklärungsarbeit ausschließlich oder überwiegend bei uns, den Betroffenen, läge. Diese Annahme speist sich natürlich aus der Erfahrung, dass sich in den allermeisten Fällen de facto einfach gar nichts tut, wenn wir es nicht tun, und dass kaum jemand außer uns über das spezifische Wissen verfügt. Aber muss das so sein? Ist das ein Zustand, den wir als naturgegeben hinnehmen müssen? Tut es uns gut, so zu denken? Ist das überhaupt richtig?

Ich sehe drei Ebenen, auf denen die Strategie der Verantwortungs-Zurückweisung, den Natasha Kelly und andere Schwarze / PoC uns demonstrieren, einen verändernden Effekt haben kann: Sie wirkt auf die Angesprochenen, auf die Sprechenden und auf die allgemeine Wahrnehmung von Diskriminierung.

Den Effekt auf die Angesprochenen konnte ich während Kellys kleiner Moralpredigt als deutliche atmosphärische Veränderung im (übrigens voll besetzten) Raum spüren. Da war eindeutig etwas passiert. Der kleine verbale Arschtritt hatte das erwartete Muster „Betroffene erzählen wohlmeinenden Nichtbetroffenen ein bisschen was über Diskriminierungen, und alles wird gut“ aufgebrochen, und es war, als würden die Weißen im Publikum aus ihrer dösigen Solidaritäts-Wellness aufwachen und sich erstaunt die Augen reiben. Wie konnte man mehr von uns erwarten als Toleranz? Wie konnte man unterstellen, wir seien Teil des Problems? Der gezielte Affront hatte eine behagliche Trägheit zerstört, und wer sich darauf einlassen konnte, musste zugeben: Das war höchste Zeit! Es geht hier um das Aufbrechen einer der wichtigsten Abwehrstrategien von Privilegierten. Diese dürfen sich nicht länger mit dem Verweis auf ihr angebliches Nichtbetroffensein aus der Affäre ziehen, weil genau das ein sehr großer Teil des Problems ist.

Der Effekt auf die Sender*innen dieser Botschaft kann vor allem eine gedankliche Befreiung sein. Auch wir queeren Menschen sollten es uns öfter gönnen, zu sagen: „Deine Vorurteile sind nicht mein Bier“. Das ist vor allem dann entlastend, wenn sich die Idee ins Unbewusste eingeschlichen hatte, wir seien für konkrete eigene Diskriminierungen oder für das Schneckentempo des gesellschaftlichen Fortschritts auch noch selbst verantwortlich, weil wir eben immer noch nicht genügend Aufklärungsarbeit geleistet hätten. In dieser Idee steckt nämlich ein gerütteltes Maß an unreflektiertem Selbsthass. Wir müssen auch keineswegs in unserer ganzen Freizeit Lust haben, Fragen zu unserem jeweiligen Queersein zu beantworten, sobald das mal jemanden interessiert, oder fast Fremden bereitwillig über traumatisierende Erfahrungen berichten. Wir müssen nicht bei jeder Partyrunde als Glückskekse voller kleiner Diversity-Weisheiten zur Verfügung stehen oder Bullshit-Bingo spielen. Wir dürfen auch einfach mal sagen: Kümmer dich selbst darum, wenn dir das Thema so wichtig ist, wie du behauptest.

Ganz allgemein kann die „Du bist dran!“-Botschaft ein paar generelle Missverständnisse über gruppenbezogene Menschenfeindlichkeiten ausräumen: Es ist absurd und zynisch, anzunehmen, dass die Hauptverantwortung für die Abschaffung einer Ungerechtigkeit ausgerechnet bei den Opfern dieser Ungerechtigkeit liegen soll. Es muss uns allen klar werden, dass jede Ideologie der Ungleichheit die Fundamente einer vermeintlich demokratischen Gesellschaft in Frage stellt, und zwar nicht nur für die jeweils Betroffenen, sondern für alle. Es muss gefragt werden, wie zum Teufel es sein kann, dass wir seit 50 oder 100 Jahren immer wieder dieselben dummen Fragen stellen bzw. beantworten müssen. Es sollte klar werden, welcher Skandal es ist, dass das kollektive Unwissen über so massive strukturelle Ungleichheiten wie Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit usw., die seit Jahrhunderten unsere Gesellschaft zutiefst prägen, immer noch dermaßen groß ist, während das Wissen darüber fast ausschließlich von den Opfern gesammelt, verwaltet und verbreitet wird. Und es muss klar sein, dass zur Abschaffung dieser gefährlichen Ungleichheits-Ideologien mindestens eine Mehrheit der Gesellschaft notwendig ist, die ihre Abwehrstrategien und ihr Ignoranz-Privileg überwindet und sich entsprechende inhaltliche Kompetenzen aneignet.

Immer wieder beobachte ich, wie konsequent und naiv Menschen in eine der beliebtesten Fortschritts-Vermeidungs-Fallen tappen: Die Kompetenz-Missachtung. Da sind Eltern, die sich einreden, es sei genug, ein queeres Kind ausreichend zu lieben oder schlimmer noch, es zu tolerieren, statt sich die konkreten inhaltlichen Kompetenzen anzueignen, die sie bräuchten, um wirklich hilfreiche Alliierte zu werden. Es gibt Menschen, die sich einreden, es sei antirassistisch genug, zu behaupten, „gar keine Hautfarben zu sehen“ oder gutgemeinte Memes zu teilen. Erschreckend viele Journalist*innen (und ihre Redaktionsleitungen) glauben immer noch, eine „tolerante“ Grundhaltung reiche schon aus, um über queere Themen zu berichten, oder dass queeres Leben nur mit „Lifestyle“ zu tun habe und nicht etwa mit einer weit zurückreichenden Geschichte und mit Politik. Bei jedem piefigen Provinz-Trachtenzug kämpfen sich die Reporter*innen vorher durch eine lange Liste der jeweiligen Vereins-Historien und können darüber berichten, aber beim CSD gilt schon als ausreichend kompetent, wer blanke Arschbacken in Lederchaps verkrampft weglächeln kann und weiß, dass Stonewall die „erste Schwulendemo“ war. Das Ausmaß der Inkompetenz ist enorm und wird nicht einmal als Problem erkannt.

Erst wenn genügend Menschen begreifen, dass ein bisschen Toleranz keine thematische Kompetenz ersetzt – und zwar in keinem Bereich –, können wir mit der gemeinsamen Emanzipation so langsam anfangen.


Lesetip: James Baldwin, A Letter to My Nephew


Fußnoten:

[1] 1963 wurde eine erweiterte Version unter dem Titel „My Dungeon Shook: Letter to My Nephew on the One Hundredth Anniversary of the Emancipation“ in James Baldwins Essayband „The Fire Next Time“ veröffentlicht, der demnächst auch in deutscher Übersetzung erscheint: „Nach der Flut das Feuer“.

[2] Das gilt übrigens auch für Schwarze Kinder mit einem weißen Elternteil oder weißen Adoptiveltern.

[3] Ich schreibe absichtlich nicht „älter“ und „jünger“, weil Erfahrung nicht automatisch eine Altersfrage ist.

[4] Doggy Bags sind die Behälter, in denen man in der Gastronomie den Gästen die Reste nicht vollständig verzehrter Gerichte mitgibt.

14 Kommentare zu “Fremd- und Selbstaufklärung. Zwei Gedanken zu Rassismus und Queerfeindlichkeit

  1. Oh, wie immer ein paar kluge Gedanken.
    Dass queere Communities tatsächlich Familien ersetzen müssen: Das ist wahr. Ich habe diesbezüglich ein Schweineglück gehabt. Aces scheinen hier im Schnitt besser dran (zumindest meine Blase), was aber auch daran liegt, dass die Communities im Schnitt jünger sind und ältere Eltern gefühlt mehr schwimmen als jüngere. (Wie wir Menschen 50+ und auch BPoCs erreichen können, ist bei mir so immer in der gedanklichen Hinterstube, aber den Heureka-Moment hatte ich noch nicht.)
    Und ja, das mit dem eigenen Rassismus. Ich schrieb es schon an anderer Stelle, aber bei mir lief das in der Schule etwa so: „Wir alle wissen, dass Vorurteile nicht gut sind. Wir wissen, dass Rassismus und Judenhass schlecht sind. Wie gut, dass wir alle weder rassistisch noch antisemitisch sind. Wie gut, dass wir alle keine Vorurteile haben und tolerant sind.“ (Von Queerfeindlichkeit war vor 2001 sowieso nicht die Rede.)
    Völlig Unfug natürlich, sich in der eigenen (eingebildeten) Toleranz zu suhlen. Es wurde kein Meter gedankliche Arbeit gefordert, weil die Besprechungen zu Rassismus und Antisemitismus halt nur die gröbsten Auswüchse behandelten, aber nicht die zugrundeliegende Weltsicht. Beispielsweise wurde das Konzept „Rasse“ als solches nicht hinterfragt. Dass das wer erfunden hat, um Menschen besser zu unterdrücken? Geschenkt.
    Und ja, wenn mich mal wer irgendwann in der Zukunft fragt, wie man Aces besser unterstützt? Dann sage ich denen einfach, sie sollen mein Buch lesen, da steht das dann auch drin …

    • „Wie gut, dass wir alle weder rassistisch noch antisemitisch sind.“

      Ich kann mich nicht erinnern, dass in meiner Schulzeit überhaupt irgendwann mal über Rassismus geredet wurde. Der Holocaust war wohl mal kurz Thema, aktueller Antisemitismus aber nicht, geschweige denn eigene kulturelle Prägung. Dass ich erstmals die Aussage gehört habe „Ich bin rassistisch, weil in einer rassistischen Kultur aufgewachsen“, ist höchstens zwei Jahre her, und sie kam von einer Schwarzen Frau. Johannes Kram beginnt sein Buch mit den Sätzen: „Ich bin homophob. Und Sie […] sind es sehr wahrscheinlich auch.“ Wieder kommt die Idee der Selbstreflexion von den Betroffenen.

      Ich zucke auch jedes Mal wieder zusammen, wenn davon die Rede ist, Rassismus sickere von den Rändern der Gesellschaft in die sogenannte Mitte hinein (und davon ist verdammt oft die Rede). Entschuldigung? Rassismus ist eine Idee, die über Jahrhunderte hinweg von den führenden Köpfen aus Politik, Justiz, Wirtschaft, Wissenschaft und Religion zusammengezimmert und am Laufen gehalten wurde. Berlin hat gerade eben ein vergoldetes kolonialistisches Spruchband auf den neuen kolonialen Raubkunstspeicher gesetzt, einfach nur, weil eine superreiche Frau das Ding bezahlt hat. Und wir reden uns allen Ernstes ein, da komme irgendwas von irgendwelchen „Rändern“ über die unschuldige „Mitte“ hereingebrochen?

      Aces – für mich noch eine Baustelle. Ich würde vermutlich immer noch das halbe Bullshitbingo abarbeiten (aber nur das halbe!).

  2. Auch in meiner Schulzeit wurde Rassismus in keiner Weise behandelt, auch Antisemitismus nicht (einzige Ausnahme: 1933-45, als ob er am 30.1.33 plötzlich da gewesen und am 8.5.45 ebenso plötzlich verschwunden wäre), von Heterosexismus gar nicht zu reden. Diese drei Themen (und darüber hinaus natürlich Antiziganismus) wurden und -soweit ich weiß- werden in der Regel nicht würdig erachtet, Kinder und Jugendliche in der Schule damit zu behelligen. Es sind Nischenthemen, mit denen sich beschäftigen kann, wer Lust hat – vor allem natürlich die „Betroffenen“.

    Dass Rassismus und Heterosexismus nah verwandt sind, ist richtig. Du hast es sehr gut herausgearbeitet und auch die mangelnden familiären Schutzmechanismen bei Schwulen und Lesben zutreffend angesprochen. Aber: Kann sich irgendwer vorstellen, dass Tausende auf die Straße gehen, um gegen Gewalt und Diskriminierung gegen Schwule und Lesben zu demonstrieren? Kann sich irgendwer vorstellen, dass Abend für Abend in verschiedenen Fernsehprogrammen Diskussionen laufen über Heterosexismus? Nee, auch Schwule und Lesben selbst gehen ja lieber zum CSD als auf eine Demo für sich und ihre Rechte; und im Fernsehen wird in Diskussionen Homhassern eine Bühne geboten, um ihre dreckige Gesinnung zu verbreiten, und anwesende Schwule/Lesben werden in die Rechtfertigungsecke gedrängt. So lange sich das nicht ändert, werden wir offenen und öffentlichen Widerstand gegen Heterosexismus so wie jetzt gegen Rassismus nicht erleben.

    • „Schwule und Lesben selbst gehen ja lieber zum CSD als auf eine Demo für sich und ihre Rechte“

      Ich würde ja keck behaupten, der CSD sei eine Demo für uns und unsere Rechte, aber da machen wir ein großes Fass auf. Die Betonung des Hedonistischen bei den CSDs ist eine ambivalente Geschichte.

      Was die unterschiedliche Behandlung von Rassismus und Queerfeindlichkeit in der Gesamtgesellschaft und in den Medien angeht, stimme ich dir weitgehend zu. Mir scheint es da allerdings gegensätzliche Tendenzen zu geben: Ein Teil der Gesellschaft findet auch Queerfeindlichkeit zunehmend schlimm, während ein anderer Teil immer offener seinen Rassismus auslebt. Letzteres wiederum leider auch innerhalb queerer Szenen. Und wie ernst es mit öffentlichen „antirassistischen“ Diskussionen wirklich aussieht, ist ja auch immer so eine Frage (denken wir beispielsweise an die Einladungspolitik bei Maischberger usw.)

      • Ja, den Einwand zum CSD hab ich erwartet. Aber der CSD ist natürlich zum großen Teil auch und für viele Teilnehmer ganz ein Spaßvergnügen und wird öffentlich auch häufig so wahrgenommen. Denk nur daran, dass Fernehaufnahmen und Zeitungsfotos meist Dragqueens zeigen, obwohl die nur einen winzigen Teil der Mitwirkenden und Besucher ausmachen. Wir dürfen schon froh sein, wenn da ein Satz gesagt oder geschrieben wird, aus dem hervorgeht, dass es sich um eine Demonstration für unsere Rechte und Akzeptanz handelt. Ich kenne nicht wenige Schwule, die es schaudernd ablehnen, einen CSD zu besuchen, weil sie den ausschließlich mit Drag und Travestie verbinden. Die selben Leute sind aber auch kaum zu bewegen, am IDAHOT auf die Straße zu gehen.

        • Oh là là. Es IST aber auch verwerflich, dass die Stonewall Riots ausgerechnet von farbigen Drags und Transpersonen maßgeblich initiiert wurden… wo „wir gutbürgerlichen deutschen Schwulen“ uns doch so GAR nicht mit denen identifizieren können.
          Wir wollen beim CSD schließlich gerne in schlichtem Grau ausschließlich für UNSERE Rechte demonstrieren – ganz züchtig und brav. Bloß nicht auffallen, sodass am End‘ jemand von der Presse darauf käme, ein Foto von uns zu machen… *Sarkasmus off*

          „Ich kenne nicht wenige Schwule, die es schaudernd ablehnen, einen CSD zu besuchen, weil sie den ausschließlich mit Drag und Travestie verbinden.“ Ja nee, ist schon wirklich schrecklich, dass es diese Menschen gibt, oder? Warum sollten Häkeldeckchen-Schwule sich wohl mit diesen „schrägen Vögeln“ solidarisch erklären? Am End‘ denkt noch jemand, man hätte irgendwas gemeinsam…

          Schon schlimm. oder?

          Kinners, Solidarität war vor-vorgestern. Heute demonstriert der gute deutsche Schwule am liebsten nur für seine eigenen Rechte. Auch wenn ihm ursprünglich die farbigen Drags und Transpersonen den Weg breitgetreten haben. Auf den wird dann ganz gerne mal defäkiert. Ganz nach dem wunderbaren Motto „wenn jeder an sich selbst denkt, ist schließlich an alle gedacht.“

          Disgusting.

        • „Wir dürfen schon froh sein, wenn da ein Satz gesagt oder geschrieben wird, aus dem hervorgeht, dass es sich um eine Demonstration für unsere Rechte und Akzeptanz handelt.“

          Da muss ich noch einmal widersprechen, Ralf. Ich verfolge die Berichterstattung zu den CSDs sehr gründlich, und so einen Satz gibt es eigentlich immer. Zweifellos könnten die politischen Hintergründe von den Journalist:innen gern deutlich ausführlicher erklärt werden. Auch hierbei ist für mich die Frage: Wo liegt es an mangelnder PR-Arbeit der Organisator:innen (wie oft fallen beispielsweise die von Thadea angesprochenen trans und inter Rechte schon bei der Pressearbeit weg), und wo liegt es an mangelnder Bereitschaft der Journalist:innen, Informationen auch mal selbst zu recherchieren oder wenigstens das bereitgestellte Material angemessen zu verarbeiten statt nur die buntesten Kostüme zu fotografieren und zu glauben, mehr gebe es eh nicht zu berichten?

          Den einseitigen Fokus vieler Medien auf Drag Queens finde ich genauso unangemessen wie die unreflektierte Misogynie der schwulen (Nicht-)Teilnehmer, die um Himmels Willen nicht mit irgendwelchen weiblichen Klischees in Verbindung gebracht werden wollen.

          „Die selben Leute sind aber auch kaum zu bewegen, am IDAHOT auf die Straße zu gehen.“

          Dann liegt das aber nicht am Image des CSDs, sondern an generell mangelnder Bereitschaft, sich zu engagieren.

          • Ich gebe in meinen obigen Beiträgen ja nicht meine Einstellung wieder, sondern kritisiere sowohl Presseberichterstattung als auch den bemerkenswerten Unwillen deutscher Schwuler und Lesben, für die eigenen Interessen zu demonstrieren. Letzteren dienen die ihnen offenbar peinlichen Auftritte von Drags als billige Ausrede, wobei sie gar nicht merken, welches Toleranzproblem sie haben, und sich keine Gedanken machen, wieso sie denn nicht bei anderer Gelegenheit oder an einem anderen Ort oder zu einer anderen Zeit eine ihren Seriösitätsansprüchen genügende queere Demo organisieren oder besuchen. Um zur Presse zurückzukommen: In der hiesigen Tageszeitung und in den Fernseh-Regionalnachrichten fehlt in den kurzen Berichten fast nie das Wort „schrill“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Journalist eine Anti-Rassismus-Demo oder eine Antisemitismus-Mahnwache als „schrill“ bezeichnen würde. Im Übrigen dürfen wir nicht nur von unserem Horizont ausgehen. Viele Bürger begreifen angesichts der Bilder ausschließlich von Drags und der „schrillen“ Sätze dazu gar nicht, dass der CSD kein Karneval ist. Insoweit halte ich nicht die Teilnahme von Drags für schädlich, sondern die auf sie fokussierte Berichterstattung, die damit einhergehende vermeintliche Bestätigung bestehender Vorurteile billigend in Kauf nimmt. Wenn ich im Kollegenkreis auf meine Aussage, dass ich mal wieder auf einem CSD war, nach meinem Kostüm gefragt werde und zu hören bekommen, dass man sich mich gar nicht im Transvestitenlook vorstellen könne, dann erreicht die verfälschende Berichterstattung in Zeitung und Regionalnachrichten immer wieder ihr Ziel, aus einer politischen Demonstration einen transvestitischen Karneval zu machen.

          • Ich gehe bei einigen deiner Kritikpunkte durchaus mit, lieber Ralf. Über die Verharmlosung des Politischen mithilfe des Begriffs „schrill“ hatte ich schon vor langer Zeit geschrieben, und auch das Aufmerksamkeitsgefälle in der Berichterstattung habe ich schon mehrmals kritisiert.

            Andererseits sehe ich aber die Betonung der Lebensfreude im Allgemeinen und der Drag-Kultur im Speziellen höchstens teilweise als „anti-politisch“, auch wenn wenig kompetente Journalist:innen oder (nicht) Teilnehmende das nicht begreifen (schon wieder ein Aufklärungsproblem). Für mich enthält beides eine deutlich politische Dimension, die wir weder leugnen noch abschaffen sollten. Ein CSD ohne Hedonismus und ohne Drag mag Einigen vielleicht strategisch wünschenswert erscheinen, für mich wäre er das aber keinesfalls.

            Dass zumindest parallel zu den CSDs andere, eher die konkrete sachpolitische Ebene ansprechende Veranstaltungen wünschenswert sind und mehr Teilnahme verdient hätten, darüber können wir uns schnell einig werden.

  3. „Und es muss klar sein, dass zur Abschaffung dieser gefährlichen Ungleichheits-Ideologien mindestens eine Mehrheit der Gesellschaft notwendig ist, die ihre Abwehrstrategien und ihr Ignoranz-Privileg überwindet und sich entsprechende inhaltliche Kompetenzen aneignet.“

    Genau!

    Und da sind wir wieder bei der Frage, wie wir zu dieser Mehrheit kommen, wenn sich sie sich nicht selbst die Kompetenzen aneignet.
    Was machen wir dann? Warten bis die Mehrheit so weit ist?
    Oder darauf pfeiffen und wenigstens für politische Mehrheiten kämpfen, die nötig sind, um zumindest gleiche Recht zu bekommen?

    • Das hier sollte kein Appell sein, die politische Arbeit einzustellen, Thomas. Ich denke, es läuft am effektivsten, wenn alle das tun, was sie am besten können und was ihnen jeweils liegt. Man kann ja parallel aufklären, auf der konkreten politischen Ebene aktiv sein und den angeblich „nicht betroffenen“ Bevölkerungsteilen ihre Eigenverantwortung unter die Nase reiben. Mir geht es vor allem darum, die Sicht aufzubrechen, es sei irgendwie ganz normal, dass die Arbeit bzw. die Verantwortung immer nur denen überlassen bleibt, die unter den Zuständen am meisten leiden.

  4. So bitter diese Pille ist, die du hier verteilst, haben alle diese Dinge eine Grundlage: der Gedanke, dass irgendwer mehr oder weniger wert ist als irgendwer anderes. „Nur“ ein Ausländer, „nur“ ein Schwarzer, „nur“ eine Frau, „nur“ ein Homosexueller, „nur“ ein Tier, „nur“ ein Müllarbeiter, „nur“ eine Reinigungskraft, „nur“ eine Lehrkraft, „nur“ ein*e Pfleger*in, „nur“ ein*e Prostituierte, „nur“.. …
    Das ließe sich abstruserweise endlos weiter führen, wo man sich selbst erhöhen will, scheint es zwingend nötig, andere zu erniedrigen und hat entsprechend auch eigentlich kein Interesse, daran etwas zu ändern, dann müsste man sich ja selbst wieder niedriger stellen, nicht? Und „auf Augenhöhe“ geht anscheinend gar nicht, weil isso und Baumdi.
    Das alles sieht man an den teilweise unsäglichen, äh, „Argumentationen“, etwa: „Das zerstört die traditionielle Familie!!!!!!11111111einseinself“ oder: „die stinken doch alle, die *hier Nationalität einfügen*“, um einfach mal ganz primitive Beispiele zu bringen.
    Und so lange wir uns weiter erlauben, ein Lebewesen – gleich ob zweibeinig, lilablassblaugrünkariert mit gelben Streifen, Männer oder Frauen liebend, welchen Geschlechts auch immer, geflügelt, mit Schuppen oder Fell – mit willkürlichen Ausreden („Nicht so intelligent wie wir“, „ist nicht so stark wie wir“ oder was weiß ich, was für dämliche Schwachsinnigkeiten da immer wieder kommen) als minderwertig zu betrachten, wird sich an alledem auch herzlich wenig ändern 😦
    Das macht mich mittlerweile echt fertig, denn im Grunde ist das ein fast unmöglich zu lösendes Problem ._.

  5. Danke für diesen interessanten Text, der mir in vielen Punkten aus dem Herzen spricht.
    Besonders nachdenklich hat mich der Abschnitt mit dem Zugang zum queeren Wissenspool gemacht. Wenn queere Menschen sich das Wissen, das für ihr Leben relevant ist, jedesmal aktiv selbst aneignen müssen, weil es hier aufgrund von Ignoranz und „Berühungsängsten“ eine – teils bewusst, teils unbewusst geschaffene – Versorgungslücke gibt, bedeutet das, dass eine queere Emanzipation (wenn überhaupt) nur in winzigen Schritten vorwärts geht, weil kaum auf dem vorhandenen Wissen aufgebaut werden kann. Überspitzt gesagt, jede Generation – oder eher jedes Individuum – beginnt bei der Wissensaneignung wieder von vorn. Subkulturelles Wissen, das z.B. vor, während und ggf. auch kurz nach der HIV/AIDS-Epidemie gesammelt und geteilt wurde, ist vermutlich zu einem großen Teil wieder verloren gegangen. Ich bin mir sicher, dass wir hinsichtlich queerer Emanzipation schon ein ganzes Stück weiter wären, wenn es auch hier „the Talk“ in den Ursprungsfamilien geben würde.

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