„Der CSD ist eine Demonstration für gleiche Rechte“ – das werden wir in der CSD-Saison wieder überall hören oder lesen. Auch wenn das unbestreitbar richtig ist, schadet es nicht, den Blick zu weiten.
Die heute so zentrale Parole „gleiche Rechte für alle“ entspringt vor allem den Bemühungen schwuler und lesbischer Aktivist*innen, die Forderung nach der Ausweitung staatlicher Beziehungs-Privilegien in den Mittelpunkt der Debatten zu rücken. Sehr erfolgreich wurde hierbei der juristische Gleichheits-Grundsatz unserer Verfassung ins Zentrum der Argumentation gestellt. Von Anfang an wurden allerdings mit der starken Betonung, fast Monopolisierung dieses doch recht spezifischen Ziels einer spezifischen Teilgruppe unserer Communities andere politische Forderungen an den Rand der Aufmerksamkeit geschoben – sowohl der Öffentlichkeit als auch unserer internen Debatten. Vollkommen verdrängen ließen sich andere Debatten freilich nie, und ich möchte auch nicht unterstellen, dass diese Verdrängung in allen Fällen absichtlich geschah.

Wir stehen heute an einem Punkt, wo mit der Eheöffnung die meisten der Rechte für staatlich registrierte queere Paare an diejenigen cis-heterosexueller Paare angeglichen wurden. Es verbleiben offene Baustellen wie der Zugang zu Reproduktionstechnologie oder die automatisch registrierte Elternschaft eines Co-Elters bei Geburt eines Kindes in eine bestehende Ehe / Lebenspartnerschaft hinein. Zu Recht werden diese verbleibenden Probleme aktivistisch bearbeitet; es geht mir hier nicht darum, den Kampf um Gleichberechtigung an sich zu desavouieren.
Was bei alledem aber leider gelegentlich aus dem Bewusstsein rutscht, ist, dass die Parole nach „gleichen Rechten“ eben nur einen spezifischen Bereich des breiten Spektrums queerer Bedürfnisse und Forderungen formuliert. Queere Emanzipation war schon immer viel mehr als nur Gleichberechtigung. Und nicht bei allen Teilen unserer Communities beschreibt dieses Schlagwort wirklich deren zentrale Anliegen.
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Ich möchte zur Verdeutlichung ein konkretes Beispiel aus der aktuellen Politik betrachten: Das Selbstbestimmungsgesetz. Die aktuelle Situation ist die, dass kein Mensch in Deutschland selbst frei über seinen Geschlechtseintrag entscheiden kann. Das ist nur im Rahmen eines zeit-, nerven- und kostenintensiven Gerichtsverfahrens möglich. Auch im Rahmen des § 45b PStG (seit 2019) ist die Änderung des Eintrags nur einer begrenzten Personengruppe erlaubt, von einer ärztlichen Bescheinigung abhängig und somit nicht einfach selbstbestimmt möglich.
Wenn vor allem (aber nicht nur) trans Menschen also einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag fordern, dann ist das eine Forderung nach einem Recht, das bisher niemand hat. Die Mehrzahl der cis Menschen hat nur deswegen kein Problem mit der aktuellen Rechtslage, weil sie unter der Fremdbestimmung, die der Staat hier ausübt, nicht leidet.
Worauf ich hinauswill: Die Forderung nach einem selbstbestimmten Geschlechtseintrag, immerhin eine der aktuell drängendsten Forderungen unserer Communities, hat eigentlich nichts mit Gleichberechtigung zu tun. Es geht hier nicht um gleiche Rechte, nicht um die Angleichung der Rechte einer Minderheit an die Rechte einer Mehrheit.
Es geht hier, und das finde ich wichtig zu betonen, aber auch nicht um Sonderrechte für eine umgrenzte Gruppe. Zwar ist richtig, dass vermutlich nur eine Minderheit der Menschen eine Änderung des Eintrags vornehmen lassen würde. Richtig ist aber auch, dass mit einem solchen Gesetz prinzipiell mehr Freiheit für alle Menschen geschaffen würde. Beispielsweise kann es ja einige cis Menschen geben, die aus generellen politischen Gründen gern ihren Geschlechtseintrag löschen lassen möchten.
Hier wird also keine Anpassung an bestehende Rechtsnormen gefordert, sondern eine Ausweitung von Rechten für alle Menschen, die davon Gebrauch machen wollen. (Ja, auch ich habe an dieser Stelle die hysterischen Stimmen der TERFs im Ohr, die Missbrauch ohne Ende an die Wand malen, aber um die geht es hier gerade mal nicht.)
Eine passende Parole wäre hier nicht „Gleiche Rechte für uns!“, sondern „Mehr Freiheit für uns alle!“ oder eben „Selbstbestimmung!“ Dieses Schlagwort kann genauso gut wie „Gleichberechtigung“ ganz prima einfach mal für sich stehen, ohne dass jedes mal sofort alle juristischen Details erklärt werden müssen.
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Adorno verdanken wir die Forderung, „ohne Angst verschieden sein“ zu können, die er zur Grundvoraussetzung jedes wirklich friedlichen und toleranten Zusammenlebens erklärte. Wenn wir uns diese Utopie zu eigen machen – und es spricht Vieles dafür, queeren Aktivismus von dieser Formel inspirieren zu lassen –, dann wird auch im Licht dieser Formulierung deutlich, wie beschränkend es ist, queere Politik so leichthin und routiniert immer wieder auf die Formel der „Gleichberechtigung“ zu reduzieren.
Es ist kein Wunder, dass viele queere Menschen gleichsam instinktiv verstehen, wovon Adorno da redet. Zunächst mag es plausibel erscheinen, die hier angesprochene Angst marginalisierten Menschen zuzuordnen – den von der Norm „Verschiedenen“ eben. Aus dieser Perspektive erschiene es sinnvoll, Adornos Formel als einen Ruf nach „Gleichberechtigung“ zu deuten: Marginalisierte sollten ebenso wie Privilegierte ohne Angst leben können. Gleiches Recht auf Angstfreiheit.
Aber dieser Blick verfehlte den zentralen Punkt. Der Witz ist, dass die Angst, für Verschiedensein bestraft zu werden, niemanden ausspart. Die Angst wird sehr ungleich verteilt, das ist wohl wahr, und das kann auch ein guter Ausgangspunkt für Analysen sein. Aber auch wer das Wunder vollbringen könnte, in jeder denkbaren Weise „normal“ zu sein, muss in einer autoritär normierenden Gesellschaft mit der Angst leben, jederzeit für irgendeinen Ausrutscher, für irgendein Missverständnis, für irgendeine doch unvermeidliche Normabweichung sanktioniert zu werden. Eine Gesellschaftsordnung, die Verschiedenheit bestraft, entlässt niemanden aus der Angst. Eine solche Welt macht alle unfrei.
Auch auf dieser sehr allgemeinen Ebene ist „Gleichberechtigung“ also kein wirklich brauchbares oder erschöpfendes Ziel von queerer (oder sonstiger) Emanzipation. Es geht um viel mehr als um die ausweitende Feinjustierung von ein paar Normen und Gesetzen. Die große Utopie angstfreier Diversität lässt sich nicht in der Formel „gleiche Rechte“ fassen.
(Nur nebenbei: Sag mir, was du von „Kink at Pride“ hältst, und ich sage dir, ob du Adorno verstanden hast.)
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Das sind, kurz gesagt, zwei der Gründe, weshalb ich jedes mal ein wenig zusammenzucke, wenn „Gleichberechtigung“ nicht nur als eine von vielen Forderungen, sondern gleichsam als angeblich einziger Leitstern unserer diversen Communities verkündet wird. Nennt mich über-argwöhnisch oder Hippie. Aber das kann und sollte immer nur ein Punkt auf unserer Liste sein.
Wer meint, dass „gleiche Rechte für alle LGBTIQ*“ eine gute Formulierung sei, hat sich eventuell mit der Vielzahl von queeren Perspektiven, Forderungen und Lebenssituationen nicht sorgfältig genug auseinandergesetzt. Da sind einfach zu viele Teile der queeren Communities, deren jeweils spezifische Interessen unsichtbar zu bleiben drohen, wenn das Stichwort Gleichberechtigung als der große gemeinsame Nenner aller queeren Forderungen und Bedürfnisse missverstanden wird. (Dasselbe gilt übrigens für Parolen wie „Love is love“.)
Und darin verschwindet auch die Utopie einer wirklich freien Welt, die ich auch in dieser krisengebeutelten und schmerzhaft desillusionierenden Zeit nicht aufgeben mag. Es reicht mir nicht, die aktuellen Normen (denn Rechte sind in gewisser Weise immer auch Normen) auf einen etwas größeren Kreis von Menschen auszuweiten. Vielleicht brauchen wir ja gerade jetzt mehr freiheitliche Utopie und mehr Weitblick.
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Also, liebe Aktivistys: Auch mir könnte es passieren, dass mir die Floskel „gleiche Rechte“ rausrutscht, wenn mir jemand unvermittelt ein Mikro vor die Nase schöbe. Die ist halt sehr sorgfältig so zentral etabliert worden (die Floskel, nicht meine Nase), und das wird selten in Frage gestellt. Aber sie ist da halt vor allem von einer bestimmten Gruppe mit einem bestimmten Fokus so etabliert worden. Wäre ich Ansprechperson eines CSD, würde ich mir vorher gründlich zurechtlegen, wie ich auch eine größere Perspektive und verschiedene Forderungen in kompakter Form darstellen könnte. In euren Pressetexten sollte der Platz dafür ganz bestimmt reichen.
Und liebe Journalistys: Wenn euch von einem CSD-Team ein wunderschöner, vorbildlicher Text mit einer Liste von diversen Forderungen und großen Visionen und allem Zipp und Zapp präsentiert wird, dann seid bitte so professionell, den CSD nicht doch wieder nur zur „Demonstration für gleiche Rechte“ von Schwulen, Lesben und irgendwelchen Sonstigen kleinzuschreiben. Wir danken es euch.
D’accord, aber mit Adorno würde ich eher nicht werben, der hat selbst eher bourgeois gedacht (und homophob – wenn auch aus Angst vor eigenen homoerotischen Tendenzen – war er leider auch).
Oha, das wusste ich nicht. Danke für den Hinweis! (Gerne eine Quelle oder ein Zitat, falls griffbereit?)
Hier einmal eine mögliche Analyse:
Danke, ich schaue mir das an!
Ach, noch eine Sache: Er ist auch Autor des interessanten Werkes »Die Vertreibung aus dem Serail: Europa und die Heteronormalisierung der islamischen Welt«. Worth a read.
Ich denke mal, es kommt bei dem Zitat eher auf den Inhalt an. Eine explizite „Werbung“ kann ich hier nicht erkennen.
Ok, trotzdem hat es einen gewissen Beigeschmack, wenn man weiß, was Adorno auch sonst noch geschrieben hat.
Ich frage mich halt, was man machen soll, wenn man eine Begrifflichkeit verwenden will, die nun mal ursprünglich von jemandem stammt, der vielleicht nicht absolut blütenrein ist/war. Darauf verzichten, sie zu verwenden? Darauf verzichten, den_die Urheber_in zu nennen?
Gerade im konkreten Fall finde ich die Formulierung „ohne Angst verschieden sein“ nun mal absolut treffend.
Mir selbst wurde auch schon bisweilen vorgehalten, ich dürfte bestimmte Personen nicht zitieren. Was soll ich aber tun, wenn ich das Zitat gut/treffend finde? Und was, wenn ich nicht wusste, was der Person vorgeworfen wird?
Abgesehen davon, man zeige mir _eine_ Person, die immer nur 100%ig perfekt gelebt, gesprochen und geschrieben hat. Da dürfte man sehr wenige finden. Konsequenz wäre, dass man am besten niemanden mehr zitieren dürfte, oder dass man prägnante Zitate, trotz zutreffenden Inhalts, nicht mehr bringen dürfte, sobald das schon mal jemand gesagt hat, der nicht über alle Zweifel erhaben ist…
Ich würde auch Heidegger zitieren. Trotzdem ist mehr Kontext immer gut und hier hätte ich Adorno ein wenig vorsichtiger eingebettet, schließlich kann er nicht alle Menschen gemeint haben, ohne Angst verschieden sein zu dürfen, wenn er Homosexualität freudianisch-dialektisch pathologisiert/problematisiert. Ansonsten ist das doch klar, dass es keine »saubere« Quelle gibt, das ist fast nicht der Rede wert. Kurz: Adorno und Queerness ist für mich ein komischer Mix.
„fast nicht der Rede wert“: Sorry fürs Aufwerfen dieser Frage. Ich hatte das ernst gemeint, weil ich selbst schon ein paarmal vor demselben Problem stand. Leider habe ich offenbar nicht denselben Bildungshintergrund wie Du.
Damit möchte ich das dann jetzt auch abschließen.
Ich denke auch, dass der Ruf nach gleichen Rechten ein effektives Mittel der lesbisch-schwulen Bürgerrechtsbewegung war, um Forderungen wie die gleichgeschlechtliche Ehe durchzusetzen. Eine solche Argumentation war für die cis hetero Mehrheit leicht zugänglich. Selbst für diejenigen, die von nicht-heteronormativen Lebensentwürfen wenig bis gar keine Ahnung hatten.
Und ich fürchte, genau das fällt uns nun beim Kampf ums Selbstbestimmungsgesetz oder auch dem Schutz vor Diskriminierung/Gewalt auf die Füße. Wer über Jahre oder gar Jahrzehnte nur hörte, dass queere Menschen ganz genauso sind wie Otto-Normal-Cis-Hete und sich nur in einem unwesentlichen Detail unterscheiden, der_die tut sich jetzt vermutlich schwer damit zu begreifen, dass diese eben doch spezifische Bedürfnisse haben und es mit „gleichen Rechten“ nicht getan ist.
Inzwischen habe ich zunehmend das Gefühl, dass sich gerade Gegner_innen queerer Emanzipation auf „Gleichberechtigung“ berufen, um besondere Bedürfnisse kleinzureden und entsprechende Bestrebungen zu verhindern. Bei der „Ehe für alle“ war es noch schwieriger, rechtliche Gleichstellung als dreiste Forderung einer Minderheit nach Sonderrechten abzutun.
Anders sieht es jedoch bei politischen Forderungen aus, bei denen spezifische Bedürfnisse und Interessenlagen queerer Menschen anerkannt bzw. wahr- und ernstgenommen werden müssen. Je stärker sich diese von cis/heteronormativen Erfahrungswelten unterscheiden, desto geringer ist das Verständnis und die Bereitschaft sich damit auseinanderzusetzen, geschweige denn sie zu akzeptieren.
„Gleichberechtigung“ eignet sich dann wunderbar als Totschlagargument, um gegen vermeintliche „Sonderrechte“ zu kämpfen. Ganz nach dem Motto: Was wollt ihr denn noch alles?! Letztlich steckt dahinter ja meistens bloß die Absicht, die eigene Borniertheit und Ignoranz als Sorge vor gesellschaftlicher Spaltung zu tarnen und ein Infragestellen des eigenen privilegierten Status‘ als böse Identitätspolitik einer lautstarken Minderheit zu brandmarken.
Ich denke, dass sich queerer Aktivismus im Kampf um das Selbstbestimmungsrecht oder auch dem Schutz vor Diskriminierung/Gewalt wohl ein Stück weit von einer Argumentation trennen müsste, die sich primär auf „Gleichberechtigung“ fokussiert. Wichtiger wäre es in meinen Augen, die spezifischen Bedürfnisse und Interessenlagen stärker in den Blick zu nehmen und dabei nicht mehr davor zurückzuscheuen, Unterschiede auch klarer zu benennen.
Sorry für den langen Kommentar. Ich hoffe, das war jetzt nicht total off-topic…
Meine absolute Zustimmung. Lieben herzlichen Dank!
Gerne, freut mich 🙂
Danke für deinen Kommentar. Nein, der ist keineswegs off-topic, sondern ergänzt einiges, das ich in der Kürze weniger deutlich ausgeführt habe.
Ich glaube, das von dir zitierte „Was wollt ihr denn noch alles?“ ist tatsächlich eine der wichtigstens argumentativen Hürden, die wir für queere Politik derzeit zu überwinden haben. Viele Jahre lang hat die Eheöffnung dermaßen stark im Zentrum gestanden, dass für viele das Wort „Gleichberechtigung“ vor allem mit genau diesem einen Anliegen verschweißt worden ist. Bis auf wenige Details ist dieser Kampf inzwischen gewonnen.
Wir können natürlich auch viele andere Forderungen letztlich als Gleichberechtigungs-Anliegen formulieren (oder sie ein bisschen so biegen), wenn wir das wollen. Es besteht aber immer die Gefahr, dass sie dann leichter abgetan werden, weil die Öffentlichkeit immer noch nur auf die Paarprivilegien schaut und gar nicht versteht, über welche anderen Ebenen wir da reden. „Aber ihr habt doch die Gleichberechtigung jetzt erreicht?“
Ich finde es zumindest überlegenswert, in dieser Situation andere Stichworte in die Debatte einzubringen bzw. sie zu stärken.
Sehr zu Recht sprichst du den großen Bereich an, in dem es tatsächlich um „Sonderbehandlungen“ geht. Vielleicht können wir auch Aktionspläne gegen Diskriminierung, Fördermittel für Projekte, Schulaufklärung usw. irgendwie als Gleichberechtigung framen, wenn wir uns dabei viel Mühe geben. Ich glaube aber nicht, dass das wirklich sinnvoll wäre.
Nehmen wir als Gesellschaft Menschen in ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen wahr und ernst, werden wir schnell feststellen, dass „Gleichberechtigung“ allein als oberstes Ziel wenig taugt. Eine Gesellschaft, deren gesamte politische, rechtliche und soziale Struktur auf den Bedürfnissen einer Mehrheit aufbaut, ist selbst bei rechtlicher Gleichstellung von Minderheiten mit der Mehrheit niemals wirklich gerecht. Es bringt mir als schwulem Mann wenig, wenn ich wie alle hetero Männer auch eine Frau heiraten darf.
So gesehen finde ich es spannend, dass es bei der Debatte um die Eheöffnung streng genommen um mehr als „Gleichberechtigung“ ging. Offenbar hat die cis hetero Mehrheit hierbei die Transferleistung vollbracht, zu verstehen, dass individuelle Bedürfnisse individueller rechtlicher Lösungen bedürfen. Trotzdem ließen sich diese – provokativ ausgedrückt – „Sonderrechte“ als Gleichberechtigung framen. Dies lag meines Erachtens besonders daran, dass Liebe, monogame Zweierkiste und Wunsch nach Traumhochzeit in Weiß für die Mehrheit leicht zugänglich/verständlich waren.
Ich bin skeptisch, ob andere Stichworte in der momentanen Situation wirklich viel bewirken können. Einem Großteil der Menschen fehlt meiner Meinung nach die Bereitschaft, die Tatsache anzuerkennen, dass „Gleichberechtigung“ eben nicht das Maß aller Dinge ist. Wahrscheinlich führt das hier etwas zu weit, aber ich habe die Vermutung, dass das auch mit dem deutschen Demokratieverständnis zusammenhängt. In einer Gesellschaft, die sich selbst bereits als völlig demokratisch und gerecht versteht, wäre eine Anerkennung dieser Tatsache für das eigene Selbstbild wenig förderlich. Hinzu kommt noch das fehlende Bewusstsein, dass eine Demokratie, bei der eine Mehrheit nach Gutdünken über die Teilhabemöglichkeiten einer Minderheit verfügt, niemals gerecht sein kann.
Die ablehnende Haltung großer Teile der Gesellschaft z.B. bei geschlechtergerechter(er) Sprache, Quotenregelungen etc. zeigt mir recht deutlich, dass diese Bereitschaft nur bedingt vorhanden ist. Wozu all der Wirbel? Es geht doch nur um skurrile Minderheiten. Wenn ich voraussetze, dass individuelle Bedürfnisse individuelle (rechtliche) Lösungen brauchen, sind „Sonderrechte“ ja erst einmal etwas Gutes. Solange dieser Ansatz von der breiten Masse aber (noch?) nicht verstanden und verinnerlicht worden ist, werden wir wohl nicht über bloße Gleichberechtigungsrhetorik hinauskommen…
Schönen Pride Month! - AktivistA