Blutspenden: Empörung vs. Solidarität

Die Ungleichbehandlung schwuler Männer beim Blutspenden ist ein leidiges Thema, das alle paar Monate neu aufploppt. Ich beobachte das schon lange und achte dabei insbesondere auf die moralischen Subtexte über vermeintlich gute und vermeintlich böse Sexualitäten, die leider schon immer unweigerlich in diese Debatte hineingetragen werden.

Noch vor einigen Jahren (2014 habe ich einen Artikel dazu geschrieben) stand im Zentrum schwuler Debatten das Wort „Generalverdacht“. Schwule Männer wehrten sich vielfach dagegen, pauschal als HIV-positiv „gebrandmarkt“ zu werden. Gleichzeitig sollte auch der schlimme Verdacht abgewehrt werden, dass diese braven Homosexuellen sich einen vermeintlich unmoralischen sexuellen Lebenswandel mit wechselnden Partnern außerhalb einer exklusiven Zweierbeziehung zuschulden kommen ließen.

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Vom Sodomiten zur PrEP-Schlampe: Wanderwege der Sexfeindlichkeit

Wenn eine neue Methode bekannt wird, mit der sich schwule und bisexuelle Männer effektiv vor einer HIV-Infektion schützen können, dann sollte man erwarten, dass die Betroffenen sich grundsätzlich wohlwollend damit auseinandersetzen und die Chancen und Risiken dieser neuen Option sachlich abwägen würden. Das passiert auch, aber gleichzeitig passiert noch etwas ganz anderes. Diskussionen über die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP)1, die sich derzeit auch in Deutschland zunehmend etabliert, sind regelmäßig getrübt durch verstörende Entsachlichung, verstockte Fakten-Leugnung, erhöhte Trolldichte und ganz generell überdurchschnittliche Verstrahltheit. Typische Kommentare sehen z.B. so aus:

„Warum sollten gesunde Menschen gefährliche Medikamente nehmen? Wenn die Bareback-Szeneschwuppen zu faul oder zu doof sind, ein Kondom zu verwenden, dann haben sie sich ihre Infektion auch verdient!“

„Soll ich etwa über meine Krankenkasse verantwortungslosen Darkroomschlampen ihren Partyspaß finanzieren? Wenn die sich unbedingt durch alle Betten vögeln müssen, dann sollen sie das wenigstens selbst berappen!“

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Wohlfühlaktivismus für Anständige – die Diskussion um das Blutspendeverbot

„Das ist Max“, lese ich auf der Webseite der Initiative Bunt Spenden. „Er will Blut spenden. Max ist Blutgruppe B, aber Max ist auch bi. Also kann er keine Leben retten.“ Begleitet wird der simple Text von kindgerechten Strichzeichnungen, auf denen Max ganz traurig guckt, weil er keine Leben retten darf. „Denn in Deutschland ist bi- und homosexuellen Männern Blut spenden verboten.“

Aufklärung über komplexe Sachverhalte, so dämmert mir, während sich ein knappes Dutzend spektakulär schlichter Sätze beim Herabscrollen in qualvoller Zeitlupe abspult und meine Hirnleistung effektiv auf Vorschulniveau herunterdimmt, ist wohl eher nicht das Ziel dieser Kampagne.

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