Gleiche Rechte – ist das alles?

„Der CSD ist eine Demonstration für gleiche Rechte“ – das werden wir in der CSD-Saison wieder überall hören oder lesen. Auch wenn das unbestreitbar richtig ist, schadet es nicht, den Blick zu weiten.

Die heute so zentrale Parole „gleiche Rechte für alle“ entspringt vor allem den Bemühungen schwuler und lesbischer Aktivist*innen, die Forderung nach der Ausweitung staatlicher Beziehungs-Privilegien in den Mittelpunkt der Debatten zu rücken. Sehr erfolgreich wurde hierbei der juristische Gleichheits-Grundsatz unserer Verfassung ins Zentrum der Argumentation gestellt. Von Anfang an wurden allerdings mit der starken Betonung, fast Monopolisierung dieses doch recht spezifischen Ziels einer spezifischen Teilgruppe unserer Communities andere politische Forderungen an den Rand der Aufmerksamkeit geschoben – sowohl der Öffentlichkeit als auch unserer internen Debatten. Vollkommen verdrängen ließen sich andere Debatten freilich nie, und ich möchte auch nicht unterstellen, dass diese Verdrängung in allen Fällen absichtlich geschah.

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Buchstabennudelpüree

In der Serie Young Justice, in der es um die Jugendzeit einiger Figuren des Batman/Superman-Universums geht, küsst der junge Aquaman einen anderen Mann. Das Nachrichtenmagazin PinkNews jubelte daraufhin: „Aquaman confirmed to be LGBT in latest Young Justice episode“.

Mich irritiert an dieser Überschrift weniger die Frage, weshalb uns der erwachsene Aquaman bisher als Macho mit deutlich heterosexuellen Neigungen begegnet ist. Vielleicht ist Aquaman ja bisexuell oder wurde zum Ex-Gay, und wer bin ich schon, mich in die privaten Lebensentscheidungen von Superheld:innen einzumischen?

Aber ziemlich sicher kann ich sagen, dass es für eine einzelne Person verdammt anstrengend sein muss, „LGBT“, also gleichzeitig lesbisch, schwul, bisexuell und trans zu sein. Oder, wie es im Vorspanntext des Artikels heißt, sogar „LBGT+“, also auch noch irgendetwas anderes als das alles.

Möglicherweise verfügt Aquaman über Superkräfte im Genderbereich, die seine amphibischen Talente vergleichsweise banal erscheinen lassen. Vielleicht haben wir es hier aber auch mit einem typischen Fall der ärgerlichen Identitätsverschlumpfung zu tun, die auch in Community-internen Sphären immer weiter um sich greift. Weiterlesen

Der Heteroflüsterer

Wenn irgendwo über Homopolitik diskutiert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er auftaucht. Er weiß nämlich sehr genau, wie diese Politik aussehen sollte. Oder besser gesagt, wie sie nicht aussehen sollte.

Das Credo, mit dem er jede Utopie totschlägt, heißt: „Man muss die Gesellschaft dort abholen, wo sie steht“, gern mit dem Nachsatz: „Und dabei müssen wir Alle mitnehmen.“ Weil er selbst ein Herdentier ist, kann er sich die Gesellschaft nur als Herde vorstellen, als einen einheitlichen Block träger Wesen, die unisono muhend und mähend stets allesamt in die selbe Richtung ziehen. Diese Herde grast in seiner Vorstellung auf einer dürren Weide, auf der echte Akzeptanz noch nie geblüht hat und auch künftig niemals gedeihen wird. Und als Ansammlung ängstlicher Fluchttiere ist die Gesellschaft in seiner Phantasie jederzeit bereit zu einer halsbrecherischen Stampede, sobald irgendwo am Horizont der Schatten eines Homosexuellen eine allzu exaltierte Bewegung macht.

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