Regenbögen in der EM

Wenn unvermittelt doch mal in der breiten Öffentlichkeit eine Diskussion um queeres Zeugs aufbrodelt, dann bringt das nicht immer die Gesellschaft vorwärts. Aber man kann dabei manchmal erkennen, wie sich die Debatten verschieben. Hier ein paar aktuelle queere Wasserstandsmeldungen.

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1. Huch, es geht ja beim Vorzeigen von Regenbogensymbolen ganz oft gar nicht wirklich um Werte und Ideale, sondern um Marketing und Selbstbeweihräucherung. Wer wäre denn auf sowas gekommen?

2. Eine Debatte, die eigentlich zu hundert anderen Anlässen in breiter Öffentlichkeit hätte geführt werden müssen, explodiert plötzlich ausgerechnet im Umfeld einer männerdominierten, nationalistisch gefärbten, kapitalistisch durchvermarkteten Sportart ohne einen einzigen offen schwulen Profispieler. Vieles, was gerade passiert, fühlt sich genau aus diesem Grund irgendwie schräg an.

3. Noch nie war so deutlich, dass die Regenbogenflagge von Vielen gar nicht so sehr „für die Freiheit in unserem Land“ geschwenkt wird, sondern eher als bunter Teppich ausgebreitet, unter den man Menschenrechts-Defizite im eigenen Land kehren kann.

4. Menschenrechte sind super wichtig, vor allem woanders.

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Heterolike

„Was knurrst du denn schon wieder dein Notebook an? Will da wieder ein zölibatärer Zausel Beziehungstips aus der Bronzezeit vermitteln? Inklusive Steinigungsoption?“

„Schlimmer. Hier ist so ein Depp, der sich ‚heterolike‘ nennt. Ich dachte, die wären endlich ausgestorben.“

„Die sterben nicht aus, so lange auf CSD-Trucks ‚I Am What I Am‘ gespielt wird.“

„Fängst du jetzt auch noch an?“

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Antilopen, die Löwen fressen. In elf einfachen Lektionen zum Terror-Opfer

Fiese Minderheiten wollen die Mehrheitsbevölkerung verdrängen, unterdrücken oder gar auslöschen – in Zeiten der Retro-Trends ist diese etwas aus der Mode gekommene Denkfigur heute wieder total im Kommen. Politprofis und Publizist*innen machen es vor und warnen vor der gefährlichen Macht der Minderheiten. Trendscouts verraten: Opfergejammer der Privilegierten ist das neue Schwarz. Weil alle auf der Welle mitreiten wollen, viele aber doch nur recht mittelmäßige Minderheitendämonisierungen zustandekriegen, möchte ich hier einen kleinen Leitfaden anbieten.

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Ich habe nichts gegen tolerante Heteros, aber …

Wir müssen reden. Ich habe ja wirklich nichts gegen euch persönlich. Einige meiner besten Freund*innen sind tolerante Heteros. Aber ganz ehrlich: Jedes Mal, wenn jemand sagt: „Ich bin tolerant“, zucke ich innerlich zusammen. Natürlich weiß ich, dass ihr es gut meint. Ich freue mich, dass ihr euch aufrichtig bemüht, euch auch die letzten klebrigen Reste heteronormativen Unrats von den Füßen zu schütteln. Aber ihr wisst selbst, was es bedeutet, wenn in einem Zeugnis steht „hat sich stets bemüht“. Um es etwas motivierender zu formulieren: Ich bin sicher, diese Sache mit der Toleranz, die könnt ihr noch besser. Ich glaube ganz fest an euch. Und weil Glaube allein ja doch nicht immer hilft, habe ich hier einmal die Problemzonen zusammengefasst.

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Draußen nur Heten.

Es war eine nur scheinbar unbekümmerte Szene, die einen radikalen Wandel ankündigte. Inmitten der Straßenschlachten in der New Yorker Christopher Street im Juni 1969 hakten sich queere obdachlose Jugendliche Schulter an Schulter in einer Reihe ein und stellten sich der in ähnlicher Form aufmarschierten Linie der Polizei gegenüber. Dann begannen sie plötzlich, mit synchronem Beinehochwerfen eine klassische Revuegirl-Choreografie zu parodieren und selbstgedichtete queere Spotttexte zu bekannten Melodien zu singen.

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Der Heteroflüsterer

Wenn irgendwo über Homopolitik diskutiert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er auftaucht. Er weiß nämlich sehr genau, wie diese Politik aussehen sollte. Oder besser gesagt, wie sie nicht aussehen sollte.

Das Credo, mit dem er jede Utopie totschlägt, heißt: „Man muss die Gesellschaft dort abholen, wo sie steht“, gern mit dem Nachsatz: „Und dabei müssen wir Alle mitnehmen.“ Weil er selbst ein Herdentier ist, kann er sich die Gesellschaft nur als Herde vorstellen, als einen einheitlichen Block träger Wesen, die unisono muhend und mähend stets allesamt in die selbe Richtung ziehen. Diese Herde grast in seiner Vorstellung auf einer dürren Weide, auf der echte Akzeptanz noch nie geblüht hat und auch künftig niemals gedeihen wird. Und als Ansammlung ängstlicher Fluchttiere ist die Gesellschaft in seiner Phantasie jederzeit bereit zu einer halsbrecherischen Stampede, sobald irgendwo am Horizont der Schatten eines Homosexuellen eine allzu exaltierte Bewegung macht.

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Diskriminierte als Zumutung – die Toleranzwoche in der ARD

Liebe Leute von der ARD,

am Samstag beginnt eure Themenwoche „Toleranz“. Das finde ich prima. Es wird Zeit, dass wir mal ausführlich über die Menschen reden, die das mit der Toleranz selber partout nicht hinbekommen wollen und deshalb die Toleranz anderer Menschen strapazieren. Ich habe auch schon ein Plakat für eure Kampagne gebastelt, mit supertollen Slogans. Das könnt ihr gerne verwenden – ganz kostenlos!

Thilo Sarrazin, Beatrix von Storch, Matthias Matussek, Akif Pirincci

[nicht alle erkannt?*]

Endlich werdet ihr mal nachfragen, welche Frechheiten zum Beispiel Schwule immer noch alltäglich ertragen müssen, sobald wir in der Öffentlichkeit als solche sichtbar werden. Welche Toleranz wir aufbringen müssen, um mit Abwertungen, Beleidigungen und sogar Gewalt klarzukommen.

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